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Staatswirtschaft

 

 

 

 

Annette Heinisch

 

Was mir am Christentum wirklich gefällt, ist ein wenig beachtetes und doch sehr charmantes Alleinstellungsmerkmal: Der Sohn Gottes und Namensgeber der Christen verwandelte Wasser in Wein. Diese Verbindung von Spirituellem mit Spirituosen, also Geist im weitesten Sinne, ist nicht nur lebensfroh. Die Methode, aus etwas Einfachem und Banalem Edles zu schaffen, ist bewundernswert.

 

Umgekehrt ist es leichter. Das zeigt unsere Regierung als hervorragendes Gegenbeispiel: Sie macht sozusagen aus Wein Essig. Gibt es dann Protest, heißt es, man soll sich nicht so anstellen, sauer mache lustig, Essig reinige den Körper und Wein sei sowieso schädlich.

 

Ein praktisches Beispiel, wie aus Wein Essig gemacht wird, ist unsere Wirtschaft. Sie war der Motor des Wohlstands, nun stottert sie nicht nur, sie ist dank der schonungslosen Anstrengungen der Regierung gekippt. Tatsächlich ist sie so sehr gekippt, dass selbst der realitätsaverse politische Heiland Habeck, seines Zeichens Wirtschaftsminister, es mitbekommen hat. Der arme Mann steht vor einem Dilemma: Einerseits ist er Held der Grünen, schließlich baut er die Wirtschaft konsequent um. Das heißt konkret ab, denn genau das ist der angestrebte degrowth. Andererseits sind die grünen Gläubigen gezählt, andere sind von der romantischen Schönheit des Untergangs noch nicht vollständig überzeugt. Sie hängen ganz altmodischen Vorstellungen von Wohlstand an, was praktisch heißt: Wahlen gewinnt man mit der grünen Zerstörungswut nicht. Diese drohen aber.

 

Nun bekommt der arme Mann Panikattacken und schmeißt einen Vorschlag in die Runde, wie er es schaffen kann, die Wirtschaft vor ihm selbst zu retten. „Deutschlandfonds“ nennt sich der Vorschlag, mit dem er der Wirtschaft einen Schub geben will. Im Mittelpunkt stünden »Innovationen und Investitionen, Vereinfachungen und Verlässlichkeit«. Der Fonds soll Unternehmen bei Investitionen unterstützen, indem 10% der Kosten vom Fonds getragen würden. Wie das finanziert werden soll, ist völlig offen. Sparmaßnahmen sind jedenfalls von Habeck keine angedacht, so dass die Vermutung naheliegt, dieser Fonds solle mit Schulden, heute “Sondervermögen” genannt, finanziert werden.

 

Der Vorschlag ist in vielfältiger Hinsicht faszinierend.

 

Fangen wir mal mit dem naheliegensten an: Keiner vertraut mehr der Regierung. Nur wenige vertrauen überhaupt noch einem Politiker, der in den letzten 10 oder 20 Jahren aktiv war, denn sie haben alle mehr oder minder mitgemacht, sind verantwortlich für die derzeitige Situation. Ohne festes Vertrauen darauf, dass in Zukunft in Deutschland eine vernünftige Politik gemacht wird, wird aber die Wirtschaft nicht investieren. Investitionen sind regelmäßig angelegt auf einen Zeitrahmen von 30 Jahren. Ohne Hoffnung, dass es in dieser Zeit eine komplette politische Wende gibt, wird nichts den Abwärtstrend aufhalten und keine Investitionen getätigt werden. Jede Maßnahme und jeder Cent sind dann sinnlos herausgeschmissenes Geld.

 

Die nächste, sehr naheliegende Frage ist, woher die Unternehmen denn die anderen 90 % nehmen sollen, die nicht vom Fonds getragen werden? 10 % sind ein nettes Zubrot, aber niemand, der wirklich investieren will, lässt sich davon beeinflussen, denn wenn die 90 %, die man erst einmal aufbringen muss, sich nicht rentieren, helfen einem 10 % auch nicht. Hier erkennt man deutlich, dass Habeck – wie viele politisch Verantwortliche auch -  nie selbst in Unternehmen gearbeitet hat.

 

Unterstellt man zu seinen Gunsten, dieser Fonds käme, würde er also nichts bringen. Er wird aber nicht kommen, weil dafür die Schuldenbremse außer Kraft gesetzt werden müsste. Das geht nicht mit der FDP. Was das ganze als das taktisches politisches Spielchen entlarvt, das es nur ist. Habeck hat Panik, dass er bei den Wahlen die Qutittung für die fatale wirtschaftliche Lage Deutschlands bekommt und sucht nichts weiter als einen Sündenbock für seine Politik. Und diese Rolle übernimmt bekanntlch die offensichtlich masochistisch veranlagte FDP seit Jahren.

 

Der Vorschlag Habecks entlarvt aber noch mehr: Nie wurde deutlicher, dass er und mit ihm die Grünen nichts von Marktwirtschaft halten, sondern Allmachtsphantasien haben. Gelenkte Wirtschaft ist das Ziel, welches auch hier wieder konsequent umgesetzt werden soll, denn zu nichts anderem führen Subventionen.

 

Es ist im Prinzip ganz einfach: Der Staat nimmt den Bürgern Geld weg, die Steuern. Diese kann er nach Belieben ver(sch)wenden. Nehmen wir als Beispiel die Krankenschwester, den Hafenarbeiter, den Schlosser und den Müllmann, die 100 € Steuern pro Person zahlen. Davon gibt der Staat als Subvention 10 € zurück, aber nicht an alle, sondern nur an einen und auch nur eventuell. Im Beispielsfall käme nur der Schlosser in Betracht, wenn er denn selbstständig wäre.

 

Selbstständig sein reicht aber nicht, denn man bekommt nicht für jede Investition Geld. «Die klimaneutrale Modernisierung ist zentrale politische Gestaltungsaufgabe unserer Zeit», betont Habeck. Man muss also schon genau den staatlichen Umbauplan befolgen, um überhaupt eine Chance auf Subvention zu erhalten. So wird eine Papierfabrik gefördert, wenn und weil sie ihre Produktion auf Strom umstellt. Aber eben auch nur dann.

 

Wobei anzumerken ist, dass die Höchstfördersumme selten die ist, die tatsächlich gezahlt wird und auch das ist mit einem Aufwand behaftet, den die meisten Unternehmer aus gutem Grund scheuen. Wer einmal erlebt hat, wie eine “unbürokratische” öffentliche Förderung aussieht, lässt für die Zukunft die Finger davon.

 

Anders ausgedrückt: In den Genuss der Förderung kommen nur die Günstlinge der grünen Politik. Diese werden bezahlt von allen Bürgern, denen der Staat das Geld wegnimmt und zwar selbst dann, wenn ein Bürger die Verwendungszwecke komplett ablehnt. Der “kleine Mann” (m/w/d) wird also gezwungen, Vorhaben zu unterstützen, die sein Leben nachhaltig verschlechtern; es ist, als würde man nicht nur selber zur Schlachtbank geführt, sondern müsse den Schlachter auch noch bezahlen. 

 

Welch geniales Konzept!

 

Das ist Raubtieretatismus vom Feinsten. Erstaunlich und erschreckend ist, wie wenig Widerstand es dagegen gibt. Das Konzept, dass der Staat planend und lenkend (zu welchem Zweck auch immer) in die Wirtschaft eingreift, war eigentlich mit dem Fall der Mauer tot. Aber Totgesagte leben offensichtlich wirklich länger, das ist nicht nur beim Antisemitismus so. Staatswirtschaft hat noch nie funktioniert, kann nicht funtkionieren und wird es auch nicht, hat aber verheerende Folgen. Es ist objektiv unmöglich, ein vuca – System wie die Wirtschaft (vuca – volatility, uncertainty, complexity, ambiguity) zentral zu lenken. Ein sichtbares Beispiel für die Dunkelheit, in die das führt, ist der black out auf Kuba aufgrund des Zusammenbruchs des Stromnetzes.

 

Kein Licht scheint in der Dunkelheit. Genau diesen Eindruck haben derzeit viele. Kann bitte mal jemand das Licht anschalten?