Annette Heinisch
Seit längerem treibt mich ein Thema um: Wie lässt sich der politische Wahnsinn in Deutschland stoppen und – weil das allein nicht reicht – wie kann ein Neustart überhaupt gelingen?
Daher war ich sehr erfreut, dass dies sehr aktuell thematisiert wurde. Julian Reichelt sagte bei Nuis live dazu: „Millionen Bürger haben über Jahrzehnte CDU gewählt. Einige haben sich der AfD zugewendet, andere sind ins Nichtwähler-Lager gegangen. Bei vielen der vergangenen Wahlen war die stärkste Partei die der Nichtwähler. Da sitzen all die Bürger, die mal CDU und vielleicht auch SPD gewählt haben. Und die stellen sich nur eine Frage: GEHT DIESER WAHNSINN WEITER? Man kann nicht glaubwürdig sagen: ‚Wir hegen die Grünen ein.‘ Das wird nicht funktionieren! Die Rhetorik ‚Wir kriegen die Grünen schon unter Kontrolle‘ wird nicht klappen. Kein Mensch im Land glaubt das noch.“
Wie dringend die politische Wende ist, wurde ebenfalls in dieser Sendung deutlich. Zuschauer und Zuhörer wurden gefragt, wie es ihnen finanziell geht, wo und wie sie sparen müssen. Unter allen, die antworten, wird ein Einkaufsgutschein in Höhe von € 200,00 verlost, der „Goldene Einkaufswagen“. Die zahlreichen Antworten machen betroffen, ein Rentner sagte, wenn er gewänne, müsse er einen Monat lang keine Pfandflaschen mehr sammeln.
Das ist die harte Realität, die Folge der katastrophalen Politik. Wer das hautnah erlebt, ist nur noch wütend. Und es wird eher noch schlimmer werden. Am Vortag schrieb mir ein Mandant, Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens: „Um uns herum nur noch Insolvenzen und Negativmeldungen. Wenn die Rahmenbedingungen durch die Politik nicht schnellstens verändert werden, dann sieht es düster für den Standort (Deutschland) aus. Und drei Einbrüche in zwei Wochen.“ Ob sein Unternehmen dieses Jahr überleben wird, ist mehr als offen – und das heißt, die Mitarbeiter (oft arbeitet dort die ganze Familie) werden arbeitslos.
Es ist leicht darüber am grünen Tisch zu debattieren, im fernen Berlin in Plenarsälen oder Redaktionsräumen, aber es ist etwas völlig anderes, wenn man direkt mit den Betroffenen zu tun hat, sie kennt. Wenn man mitkämpft in einem Kampf, der jeden Tag schwerer wird und fürchtet, ihn zu verlieren. Liest man dann vom Luxusleben der Politiker, z. B. Südamerikareisen für 80.000 €, wird einem nur noch schlecht.
Mir ist es mittlerweile egal, wenn man mich wegen meiner Kritik beschimpft und ich vermute, dass es vielen genau so geht. All das ändert nämlich nichts daran, dass der Wahnsinn aufhören muss. Dies gilt nicht nur für die wirtschaftliche Situation, sondern schließt auch die Auflösung unseres Wertefundaments und die Verkehrung von richtig und falsch ein. Der ins Kraut schießende Antisemitismus ist nur ein, wenngleich fatales Beispiel dafür.
Aber wie soll das geschehen?
Viele hoffen auf eine erneuerte Union, aber die gibt es nicht. Ja, sie hat sich unter Friedrich Merz auf den Weg gemacht, wieder eine konservative Kraft zu werden. Anders als der Labour – Vorsitzende Keir Starmer im Vereinigten Königreich hat Merz seine Widersacher aber nicht kaltgestellt. Starmer hat sich der Antisemiten und radikalen Linken in seiner Partei entledigt und fährt nun einen sehr moderaten Kurs der Mitte und wirtschaftlichen Vernunft. Damit scheint er – wie einst Tony Blair – sehr erfolgreich zu sein. Außen – und sicherheitspolitisch gibt es kaum Unterschiede zwischen Labour und Tories, im Vereinigten Königreich erkennt man äußere Feinde und bekämpft sie gemeinsam über Parteigrenzen hinweg.
Anders Friedrich Merz, er hat seine Widersacher noch alle in der Partei, viele von ihnen sogar in maßgeblichen Funktionen. Manche halten dies für klug und meinen, dass Parteien verschiedene Flügel bräuchten. Dabei schwingt die Idee mit, dass diese Flügel sie in ungeahnte Höhen tragen würden. Tatsächlich sind sie eher geeignet, zu Bruchlandungen oder bei kleineren Parteien zum Flug aus dem Bundestag zu führen.
Die Idee von Flügeln funktioniert nur, wenn man in dieselbe Richtung fliegt. Sonst zerreißt es einen und führt zum totalen Strömungsabriss. Dies ist heute die größere Gefahr; die bereits erfolgten Abspaltungen belegen dies.
Teile der Union lieben die Grünen. Mit denen wird es jedoch nichts werden, für die Union wäre eine Koalition der politische Selbstmord.
Selbst wenn es keine Koalition mit den Grünen geben sollte, was folgt dann?
Eventuell wird die SPD so stark, dass es zu einer Koalition mit der Union reicht. Man könnte sagen, es wäre eine Neuauflage der großen Koalition, nur dass die SPD nicht mehr groß ist. Aber selbst dann wird die Union die Politik nicht gravierend verändern können. Die Scholzens, Faesers, Eskens, Tschentschers, Kühnerts und Co. sind voll verantwortlich sind für die derzeitige Misere. Mit ihnen wird nichts besser werden.
Stellt man sich die Union mit ihren Flügeln wie ein Domino – Stein mit zwei unterschiedlichen Hälften vor, wird deutlich, dass die Hälfte, die an dem anderen „Stein“ andockt, den weiteren Weg bestimmt. Das wird nach derzeitigem Stand der rot – grüne Flügel der Union sein, nicht der konservative. Es gibt dann nur eine Neuauflage von schlecht. Etwas anders schlecht als jetzt, aber immer noch sehr schlecht.
Mit der AfD wird die Union nicht paktieren (können), auch weitere konservative Gruppierungen sind eher schwierig, weil direkte Konkurrenz.
Um eine wirkliche Änderung herbei zu führen, die auch glaubwürdig ist, wäre eine freiheitliche Partei nötig, die neben wirtschaftlicher Vernunft und Pragmatismus über eine Vorstellung davon verfügt, wie man die Bürger (und nicht den Staat) stärkt. Theoretisch gibt es eine liberale Partei, praktisch jedoch hat sie sich als unfähig erwiesen, den Bürger vor Wahnsinn und Willkür zu schützen. Diese Partei mit ihrem erkennbar inkompetenten Personal kann weg.
Dies ist die entscheidende Leerstelle in unserer politischen Landschaft. Gäbe es eine solche Partei, könnte die Union mit der anderen, von vielen als richtig angesehenen Seite ihres Domino – Steines an eine Partei andocken. Dann und nur dann gibt es wirklich eine Chance für eine Politikwende. Alles andere ist „alter Wein in neuen Schläuchen“ und zwar solch ein Wein, von dem wir mittlerweile wissen, dass er nichts anderes als Essig ist.
So leid es mir tut, aber die Hoffnung, dass es mit der nächsten Bundestagswahl besser wird, ist derzeit völlig illusorisch.