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Ungarn verstehen

Ungarn verstehen

Glaubt man den deutschen Leitmedien, ist das Urteil über Ungarn schnell gefällt. Dann regiert Viktor Orban eine Halbdiktatur voller Korruption. Ist das aber wirklich so? (Werner Patzelt).

Persönliche Vorbemerkungen
Mit Spannung nahm ich Patzelts Buch in die Hand. Meine Beziehung zu Ungarn ist tief persönlich geprägt. Aus den Erzählungen des Vaters über den ungarischen Volksaufstand 1956 und dessen blutige Niederschlagung durch sowjetische Truppen, deren Nachfolger als russische Truppen auf gleiche Art nur unvergleichlich gewaltiger im Moment die Ukraine in ihrer Staatlichkeit vernichten und in ein einziges Filtrationslager verwandeln wollen, wurde in mir früh die Saat der Sympathie für die Ungarn gelegt. Ende der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts kamen dann eigene Ungarnbesuche und vor allem lebenslange Freundschaften zu Laszlo, Ildiko, Erika, Feri und vielen anderen Ungarn hinzu. Als glücklicher Abonnent der deutschsprachigen „Budapester Rundschau“ erfuhr ich in den 80er Jahren enorm viel über die innerungarischen Diskussionen zu Freiheit, Demokratie, Mehrparteiensystem und den offiziellen Wandel auf die 1956. Aus der angeblichen faschistischen Konterrevolution schälte sich langsam aber stetig die freiheitliche Sicht heraus: Volksaufstand!

Ich bin den Ungarn dankbar. Ohne sie und die Polen, Tschechen, Slowaken und die Balten hätte sich in Ostdeutschland die Freiheit nicht weitgehend unblutig Bahn brechen können. Gorbatschow anerkannte den Freiheitswillen der Mittelosteuropäer und machte es zum Glück nicht wie Chrustschow 1956, Breschnew 1968 vor und wie Putin Jahre nach ihm. Ausnahme   Baltikum: „Als Gorbatschow nach Litauen griff“.

Nun also Werner J. Patzelt und Ungarn. Was denkt und schreibt ein vom Kommunismus verschonter Westdeutscher über Ungarn? Gehörte er zur Toscana-Fraktion oder kannte er Ungarn schon vor 1989? Wenn ja, war er einer der überheblichen Bundis (der ursprüngliche ostdeutsche Ausdruck für Westdeutsche bevor die politische Ablösung durch Wessis und Ossis an Stelle der ehemaligen innerdeutschen Grenzanlagen von Freunden der Spaltung geboren wurde), die es sich sehr billig in Ungarn gutgehen ließen und das die nahezu bargeldlosen Ostdeutschen Brüder und Schwestern mit deren platten Nasen vor Restaurants und Geschäften spüren ließen oder war er einer der Westdeutschen, wie ich sie in Ungarn kennenlernte?

Selbstverständlich waren auch die Ostdeutschen damals in zwei große Gruppen einteilbar. Nämlich in diejenigen, die auf die Bundis neidisch waren und die, die die systembedingten Unterschiede kannten und die Schuld an den Umständen dem Kommunismus gaben. Letztere waren nicht neidisch. Zu denen gehörte ich.

1978 reiste ich mit Freunden an den Balaton. Ungarische Forint hatten wir das erlaubte Maximum für vier Wochen getauscht und zelteten aber nur zwei Wochen im schönen Ungarnlande. Das ergab pro Urlaubstag das doppelte Budget. Die meisten Ostdeutschen so. Die Rucksäcke waren gefüllt mit Wurstkonserven und Beutelsuppen. Das knappe Geld musste für den Zeltplatz, den Strand, wenige Csardas-Besuche und hoffentlich schöne Schallplatten und Mitbringsel reichen.

Einige Jahre später wurde diese Forint-Trickkiste gedrosselt. Die größte DDR der Welt genehmigte nur noch Forint für knapp zwei Wochen. Diese Halbierung führte dann zur Halbierung vieler Ungarnurlaube von zwei auf eine Woche zwecks Erreichung des doppelten Budgets. Siehe auch „Urlaub mit leeren Taschen in Ungarn“ MDR 12. August 2022.

Was für uns ein Vermögen war, war für die Bundis Kleingeld. Dafür konnten sie nichts. Das war Schuld des Sozialismus. Der konnte nicht funktionieren und funktionierte folgerichtig auch nicht.

Gleich am Ankunftsabend in Balatonföldvar gingen wir in eine Weinstube, bestellten den billigsten Wein und die preiswertesten Speisen. Wir hatten noch nicht angestoßen, ging die Tür auf und eine bundesdeutsche Reisegruppe kam herein und setzte sich neben unseren Tisch. Deren fröhliches „Hallo“ erwiderten wir ebenso gut gelaunt. Schnell kamen wir ins Gespräch. Unsere erste Begegnung mit einem „Haufen Bundis“ war einfach nur toll. Nichts von Überheblichkeit, nicht mal ein Ansatz dazu. Die Fraternisierung kam mit dem ungarischen Wein und unser aller Urlaubsstimmung schnell zustande. Wir wurden schon für den nächsten Tag eingeladen, am Reiseprogramm der Bundis teilzunehmen. Unsere Gastgeber sammelten täglich unter sich das notwendige Kleingeld, um uns mitnehmen zu können. Der Reisebus und -führerin hatten nun für sechs weitere Teilnehmer zu sorgen. Auf diese Weise lernten wir Ungarn kennen, wie es für Westdeutsche Normalität war. Unsere Gastgeber nahmen uns mit nach Herend in das Porzellanmuseum, auf Balatonrundschiffahrten, auf die Halbinsel Tihany und zu Besuchen von Weinrestaurants in anderen Balatonorten. Für uns wurde das alles von unseren westdeutschen Miturlaubern gesponsert, Ostdeutsche hätten das nie bezahlen können. Die täglichen geselligen Abende der Reisgruppe standen uns genauso offen wie Speis‘ und Trank in diesem Rahmen. Ungarische Speisen und Weine und dazu österreichische und westdeutsche Bier, sogar Bück-dich-Biere aus der DDR gab es für uns scheinbar unbegrenzt.

Unser 78er Ungarnurlaub war ohnehin schön, dank unserer Bundis war es sogar ein kurzer Ausflug in eine andere, bessere Welt. Unsere zufälligen westdeutschen Gastgeber hatten uns nicht die Welt erklärt. Sie wollten viel von uns jungen Leuten über unser Leben und unsere Wünsche erfahren, so wie Ältere sich oft Jüngeren annehmen.

1978 lernten wir Ungarn auf eine Weise kennen, die Ostdeutschen verschlossen war. Schön war’s! Mir als gesamtdeutsch empfindenden 22jährigen war es ein Genuss. Ein Genuss, der mich lebenslang trägt.

Die Witterung von Freiheit nahmen wir dank der fliegenden Zeitungsverkäufer täglich im Strandbad auf. Die kommunistische Budapester Rundschau kam nicht so propagandadröhnend wie das Neue Deutschland rüber, Schon das war wohltuend. Die Sahnehaube waren die Süddeutsche Zeitung, die Frankfurter Allgemeine Zeitung und der Standard aus Österreich. Alles West-Zeitungen und jeder konnte die kaufen! Das war Zeitunglesen, wie wir es nicht kannten. Gerade die Süddeutsche gefiel mir außerordentlich. Was für ein Niedergang eines renommierten Blattes- heute würde ich die inzwischen volkstümlich Alpen-Prawda genannte Zeitung nicht einmal mehr als Klopapier verwenden.

Ungarn verstehen
Nun zu Patzelts Buch über Ungarn und am Ende werde ich auch meine Frage beantworten, welcher der von mir skizzierten Gruppe von Bundis er wohl in den 70ern angehört haben mag.

Auch Werner Patzelt kennt Ungarn schon lange. Zwei Jahre vor mir setzte er bereits 1976 seinen Fuß ins Land der Magyaren. Aus persönlichen Gesprächen mit ihm weiß ich inzwischen, dass in ihm ähnliche Sympathien wie in mir erwuchsen. Mit einem Unterschied, er lernte das Land als freier Bürger eines freien und demokratischen Landes kennen, ich war Insasse des östlichen Lagers und bekam einen Geschmack vom Westen in der lustigsten Baracke des Ostblocks, in Ungarn. Hätten wir uns damals kennengelernt, er hätte mich in der Zone besuchen können, mir war der Gegenbesuch bei ihm zu Hause bis zum Erreichen des Rentenalters sozialistisch verwehrt. Uns wären nur Treffen in Ungarn, Bulgarien, Rumänien oder der Tschechoslowakei geblieben. Und: ich wäre auf seine Gastfreundschaft im Ausland angewiesen gewesen. Ihm hätte ich keine Csardas-Einkehr inklusive Wein und ungarntypische Beköstigung bieten können. Von mir hätte er Leber- oder Jagdwurst aus der Dose bekommen. Mahlzeit.

Ich wollte herausfinden, was von dem stimmte oder nicht stimmte, was ich aus Zeitungen und sonstigen Medienberichten über Ungarn erfahren hatte. Denen gemäß reiste ich in eine Halbdiktatur und verdingte mich an deren Kaderschmiede.“ (S. 9). Offen und neugierig reiste Werner Patzelt quer durch Ungarn auf der Suche nach dem Gespür, wie die Ungarn ticken. Selbstverständlich grub er sich durch das Schrifttum über Ungarn und Ungarns. Von hohem Interesse war für ihn die Wahrnehmung Deutschlands und der EU in Ungarn. Was stimmt von den gängigen deutschen und ungarischen Bildern über die jeweils andere Seite und was nicht? Daraus entstand Patzelts Plan, seine Lernergebnisse in einem inhaltlich verlässlichen Sachbuch niederzuschreiben. Eine gute und wichtige Idee! Ich gratuliere.

Orbans semantischer Knieschuß: Der illiberale Staat (S. 26/28)
Viktor Orban übernahm 2010 von seinen linken Amtsvorgängern ein ungarisches Gemeinwesen in schwieriger wirtschaftlicher und sozialer Lage. Die auf bedingungsloser Globalisierung ausgerichteten sozialistischen Vorgängerregierungen (in Nachfolge der früheren kommunistischen Staatspartei) hatten ein gefährliches Erbe geschaffen. Die wichtigsten Wirtschafts-, Finanz- und Energieunternehmen waren in internationalen Händen und die Bevölkerung hatte einen Abschwung durchlitten. Die Globalisten sahen in dieser Art Internationalismus ihr Rezept zum wirtschaftlichen Wohlstand und buchten den Abschwung als zu zahlenden Preis auf dem Weg in (internationale) liberale Demokratiezeiten. Viktor Orbans Fazit war ein anderes. Wenn Liberalität als Globalismus mit temporär einkalkuliertem Abschwung gleichgesetzt wird, dann ist er in diesem Sinne illiberal, weil Gegner der Internationalisierung existenzieller Wirtschaftsbereiche. Eine Absage an die demokratischen Prinzipien ist das keineswegs. Im Gegenteil. Für Viktor Orban ist die Demokratie nur gesichert, wenn die Bevölkerung dahintersteht. Ein durch falsche internationale Einflüsse geschädigtes Ungarn verliert den Zuspruch der eigenen Bevölkerung. Dem kann nach Orban nur abgeholfen werden, wenn die wichtigsten volkswirtschaftlichen Bereiche in ungarischer Hand sind. Dazu gehört für ihn auch eine finanzstarke ungarische Elite. Die ihrerseits keine geschlossene Kaste sein darf. Jeder Ungar muss die Chance haben, dazuzugehören.

Genau diese Politik zieht Orban seit 2010 mit immer stärker werdendem Rückhalt in der Bevölkerung durch. Das Energie- und Finanzsystem ist weitgehend wieder in ungarischer Hand. Der allgemeine Wohlstand nahm seitdem messbar zu. Für die meisten Ungarn ist Viktor Orban zwar nicht fehlerfrei, so doch der Adler, der die Burg Ungarn schützt. Das ist ein Zitat meines Freundes Laszlo aus Debrecen. Ein weiteres Zitat: „Auch in international aufgestellten Konzernen gibt es Korruption. Da ist mir ein nicht fehlerfreier ungarischer Konzern lieber. Außerdem, nicht alle international aufgestellten Konzerne sind korrupt, was für Ungarische genauso gilt. Korruption muss bekämpft werden, aber nicht nur, wenn es um Ungarn geht!“.

Dennoch bleibt Orbans Gebrauch der Illiberalität ein Schuß ins eigene Knie. Die EU-Welt außerhalb der ungarischen Grenzen versteht unter Liberalität ihren eigenen inzwischen verbogenen Kampfbegriff.

Das liberale Denken entstand in der Mitte des 17. und der Mitte des 18. Jahrhunderts, unter dem Einfluss der Philosophie der Aufklärung. Diese Denker standen im Gegensatz zum politischen Absolutismus, der durch religiöse Vorstellungen legitimiert wurde.“ (Wikipedia).

Mitnichten entstand das liberale Denken hinsichtlich internationaler, globalisierter Wirtschaftsnetze. Es ging um die Aufklärung gegen den feudalen Absolutismus. Also um Demokratie in der Freiheit und Teilhabe. Nichts davon negiert Viktor Orban. Er wollte etwas Vernünftiges richtigstellen und nahm auf die politische (teils verlogene) Umgangssprache in der EU keine Rücksicht.

Viktor Orban hätte besser den sprachlichen Werkzeugkasten sezieren und beleuchten müssen, statt ihn deutlich und komplett in die Tonne zu treten. Deutlichkeit war 1989 nicht die Sprache des Westens und sie ist es heute noch weniger. Außer, wenn es gegen vermeintlich Abtrünnige geht. Das ist keine Propagandaschlacht zu groß, um nicht in Angriff genommen zu werden. Das merkte auch ich 1989 sofort beim Aufeinandertreffen mit den politischen Brüdern und Schwestern in Westdeutschland. Sprachliches Warmduschen war angesagt, was wiederum auch mir nicht liegt.

Um beim Knieschuss zu bleiben. Viktor Orban wollte aufrütteln und richtigstellen und hat sich dabei zur Zielscheibe von Diffamierungen gemacht. Was wiederum Wirkungslosigkeit nach sich zieht. Alles, was er anstrebt und aufs Gleis setzt, wird von seinen vielen Kritikern in der EU durch die Brille der orbanschen Illiberalität betrachtet und damit von vornherein verurteilt. Der Knieschuss ist meine These zur Patzelts Darstellung von Orbans Illiberalität.


Mediale Akzente im deutschen Ungarnbild
„Mit den Tatsachen übereinstimmende Antworten auf jene Frage werden dadurch erschwert, dass viele derer, die sich von außen über Ungarn äußern, keine Erfahrungen mit dem Alltagsleben in Ungarn haben und keinen analytischen Zugang zur besonderen, geschichtlich geformten politischen Kultur Ungarns besitzen. … Zudem können sich auch Journalisten dem höchst ungarnkritischen Meinungsdruck unter ihresgleichen selbst dann schwer widersetzen, wenn sie das wollten.“ (S.29).

Werner Patzelt erkennt fünf Merkmale Ungarns, die speziell deutsche Journalisten irritieren:
Erstens gewinnen seit 2015 Ungarns Konservative mit großer Mehrheit relativ zuverlässig Wahlen. Ein Umstand, der für Europa ungewöhnlich ist und Gedanken nahelegt, das gehe nicht mit rechten Dingen zu. (S.30). Was im umgekehrten Fall lächerlicherweise nicht angenommen werden würde (GW).
Werner Patzelt sieht hierin sogar Kränkungspotential für CDU/CSU. Mit ihrem Merkelkurs verließ die Union die bewährten Unionspfade und die, die konservativ blieben wie die Orbanpartei FIDESZ fahren von Erfolg zu Erfolg. Das macht neidisch, meint er.
„Zweitens gleicht das ungarische politische System mit seinem starken Mehrheitswahlrecht viel mehr dem britischen Regierungssystem und dessen klarer Trennung zwischen Regierung und Opposition als der Lage in Deutschland. Dort hat ein letztendliches Verhältniswahlrecht … - unter starker Stellung des Bundesrates – zu einer Art ‚Allparteienregierung‘ geführt.“ (S.30). Nehmen wir die jüngste Wahlrechtsänderung in der Bundesrepublik mit der Benachteiligung der Direktstimme wird der Unterschied zum zupackend wirkenden ungarischen System noch offenkundiger. Dort eine scharfe Trennung zwischen Regierung und Opposition, hier Allparteienstaatsvermischung.

Drittens passte die linksliberal dominierte Medienlandschaft Ungarns, wie sie bis 2010 bestand, nahtlos zum weiterhin in Deutschland vorhandenem grün-linken Meinungsklima. Diese Konsonanz wurde verständlicherweise als ganz sachangemessen empfunden. (S.31). Laut Patzelt hat sich die Medienlandschaft Ungarns sehr verändert. Die passt nicht mehr zum grün-linken Deutschland. Was die Grün-Linken in Deutschland stört und viele Ungarn erfreut. Ich erlebte 2013 selbst, wie sich eine Kellnerin in Mosonmagyaróvár mir gegenüber äußerte. „Wir wollen die Kommunisten, die überall, in allen Redaktionen, vielen Ämtern sitzen, nicht mehr! Fast alle Ungarn denken so. Orban brachte es fertig, die Freiheitskräfte von 1989 zu einen.“

Viertens passt die ungarische Familien-, Migrations-, Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik schlechterdings nicht zu jenen Politikansätzen, die in Deutschland weithin für richtig oder immerhin zielführend gehalten werden. Deshalb kann selbst eine tatsachengetreue Darstellung von derlei ungarischer Politik schlechterdings zu nichts anderen führen als zur Kritik an Ungarns Regierung.“ (S.31)

Fünftens „… wurde gerade für Deutschlands Ungarnbild die Vermittlung des Eindrucks, ‚illiberal‘ bedeute im von den FIDESZ-Regierungen geprägten politischen Diskurs im Wesentlichen ‚jüdisch‘. Also äußere sich in Form von Liberalismuskritik ganz wesentlich Antisemitismus.“ (S.32). Treffend formuliert, lieber Professor Patzelt! Ich füge hinzu, Viktor Orbans zutreffende Kritik an George Soros bezieht sich eindeutig auf den weltweit politisch agierenden Mann, der glaubt mit seiner Finanzkraft einen Staat wie Ungarn in die Knie zwingen zu können und nicht im Ansatz auf dessen zufälliger Religionszugehörigkeit. Dieser feine Unterschied wird in der Bundesrepublik bewusst nicht gesehen. Was das Draufhauen auf den ungeliebten starrsinnigen Konservativen MP von Ungarn erleichtert. Im 2022er Wahlkampf sahen sich jüdische Gemeinden und Rabbis in der aufklärerischen Pflicht, auf Orbans allgegenwärtigen Schutz des ungarischen Judentums öffentlich zu verweisen. Was wiederum in der EU und besonders im besonders guten Deutschland ebenfalls nicht wahrgenommen wurde. Was nicht sein darf, hat nicht zu sein! Deutschland heute.

Demoskopisch fassbare Ungarnbilder (S.38-44)
Sehr ausführlich befasst sich Patzelt mit den Klischees Wer hält was von Ungarn unter denen, die vor 1989 auch selbst in Ungarn waren? Was denkt dieser über Ungarn, wenn er immer noch Ungarn besucht? Wie denken Deutsche, die Ungarn vor 1989 nur aus dem Bücherschrank oder den Medien kannten und nach 1989 eigene Eindrücke sammelten?
Je stärker das medial transportierte Klischee, wenn persönlich wenig oder keine eigenen Erfahrungen vorliegen. Das kann nicht überraschen. Weder allgemein, noch auf Ungarn bezogen. Interessanterweise kommen Korruptionsvorwürfe vor allem aus ungarnfernen Bereichen der deutschen Gesellschaft. Ich würde hier sagen, brav gelernt, liebe Landsleute. Das eigene Boot schwimmt seit Merkel auf bewegter, unberechenbarer, See und wir wissen genau, dass Ungarn korrupt ist. Ich empfehle jedem Landsmann, besucht selbst Ungarn und sammelt viele eigene Erfahrungen! Ihr werdet erstaunt sein, auf welchen schlüpfrigen Pfaden euch die deutsche Medienlandschaft im Denken betreut. Die eigene Haustür ist nicht sauberer als die ungarische.

Einige kulturelle Klischees (S.45-50)
Werner Patzelt streift durch die Jahrhunderte und ihm fallen vor allem Sichtweisen auf, die Ungarn zwar als kämpferisch, aber immer irgendwie auf die zivilisatorischen Weihen der Deutschen, der Österreicher und heute – auf die der Europäer, unter denen sich die Deutschen als die vorbildlichsten betrachten, angewiesen seien. Europäer meint dabei das linksgrünwoke Selbstverständnis der Brüsseler Europäer.

Auch hier hilft eine lange Reise entlang der historisch bedeutsamen Orte Ungarns, an denen sich europäische Freiheitsgeschichte ablesen lassen kann. Europa ist ohne Ungarn nicht denkbar, so wie Ungarn von seiner europäischen und damit sehr wechselvollen Geschichte zu trennen ist. 

Unterschiedliche Geschichtsbilder Deutschlands und Ungarns
Man versteht ein jedes Land nur von seiner Geschichte her. Für Ungarn gilt das ganz besonders. In dessen Geschichte verorten die meisten Ungarn ihr Land sehr bewusst, und zwar nicht nur Akademiker oder Literaten. Kaum eine Familie gibt es, von deren Mitgliedern niemand mehr Verwandte in Gegenden hat, die zwar heute zur Slowakei, zu Rumänien, zu Kroatien oder zu Serbien gehören, die aber einst Teile des großen ungarischen Königreichs waren. … wer und was da jeweils erinnert wird gibt schnell ein Gefühl für die ausgedehnten Tiefenschichten unterhalb der ungarischen Gegenwart. Und rasch merkt man, wie verständnislos für vieles bleiben wird, wer sich Ungarns Geschichte nicht erschließt.“ (S.53).

Doch kaum ein erwachsener Ungar verkennt auch jene drei tiefen Einschnitte in der elfhundertjährigen Geschichte des Landes, die allesamt mit Niederlagen sowie mit der Empfindung verbunden sind, Ungarn werde – wie 1956 – immer wieder von westlich gelegenen Ländern alleingelassen. Das ist die mongolische Invasion von 1241, die das hochmittelalterliche Ungarn zerstörte. Das ist die türkische Besetzung von 1526 … und das ist der 1920 aufgezwungene Friedensvertrag von Trianon. Durch ihn verlor Ungarn, …, mehr als zwei Drittel seines Gebiets und ein gutes Drittel seiner Bevölkerung an die Nachbarstaaten.“ (S.55).

Die Niederschlagung des 1956er Volksaufstands durch sowjetische Truppen und die ausgebliebene Hilfe des Westens – beides beschrieb ich vor kurzem in einem Artikel, der von unserem Besuch bei unseren ungarischen Freunden berichtete. Wie Werner Patzelt verstehe auch ich vieles an den ungarischen Standpunkten und Entscheidungen.

Wer als Deutscher das heutige Ungarn begreifen will, muss deshalb den Gedanken zumindest zulassen, dass es auch noch andere Selbstverständlichkeiten als die eigenen geben könnte. Und er wird gut daran tun, sich in ungarische Befindlichkeiten von der ungarischen Geschichte her einzufühlen.“ (S.56).

In den folgenden Abschnitten (S. 57-138) führt uns Werner Patzelt von den Anfängen, über die Osmanenzeit, über die Revolution 1848/49, von der Revolution bis zum Ende des zweiten Weltkriegs bis in die Ära von Viktor Orban. Patzelt gelingt dabei ein sehr interessanter und detailreicher Grundkurs ungarischer Geschichte. Noch dazu in launiger Sprache und angenehmen Stil.

Wer wird in Ungarn regiert?
Ein interessanter Ansatz, den der Verfasser ins Spiel bringt. Nicht etwa wie wird Ungarn regiert, sondern, wie ist der ungarische Souverän zusammengesetzt. Zwischen wem alles muss das Zusammenleben zum Gedeih des Gesamten klappen?

Nun, schauen wir mal: 9,7 Millionen Landesbewohner, darunter 95 Prozent ethnische Ungarn. Weitere 13 anerkannte Minderheiten, von denen die Roma die zahlenmäßig stärksten sind, danach die Ungarndeutschen. Der Ausländeranteil liegt bei 2 Prozent, im EU-Durchschnitt 8 Prozent. Bereits 2020 war die stärkste Ausländergruppe die der Ukrainer (30 000). Es folgten 2020 Rumänen (22 000), Chinesen (20 000), Deutsche ohne ungarische Staatsbürgerschaft (18 000). „Alles in allem sind mehr als 130 000 der in Ungarn wohnhaften Ausländer europäischer Herkunft; rund 53 000 stammen aus Asien.“ (S.141/142).

Den Liebhaber wirtschaftlicher Zahlen seien die Seiten 142-152 empfohlen. Der Verfasser gibt einen anschaulichen Überblick inklusive der Beschreibung von Ungarns Staats- und Verwaltungsgliederung.
Die Grundsätze des heutigen ungarischen Parlamentswahlrechts legte 1989 der ‚Runde Tisch‘ fest. Ziel war eine starke Mehrheitskomponente wie in England mit einer Verhältniskomponente. Praktiziert wird das mittels eines Zwei-Stimmen-Wahlverfahren nach deutschem Vorbild: Eine Stimme für einen Wahlkreiskandidaten und eine für eine landesweite Wahlliste. Im Unterschied zu Deutschland ist die Mehrheitswahl nicht in ein übergeordnetes Verhältniswahlrecht eingefügt. In Ungarn ist festgelegt, dass 106 direkte Wahlsieger und 93 Listenkandidaten entsprechend des landesweiten prozentualen Abschneidens ihrer Listen in das Parlament einziehen. Überhang- und Ausgleichsmandate gibt ebenso wenig wie das Nachrücken von Listenkandidaten. Fällt ein Wahlkreissieger aus, wird in dem Wahlkreis nachgewählt. (S.153-158).

Im Lichte der jüngsten katastrophalen Wahlrechtsänderung in Deutschland ist das ungarische Modell aus meiner Sicht die demokratischere Variante, weil direktstimmenaffiner als parteilistenbevorzugend. Während das deutsche Wahlrecht den Parteienstaat favorisiert stärkt das ungarische Wahlrecht das direkte Element. Weil Parteien an der politischen Willensbildung des Volkes teilnehmen, diese jedoch nicht darstellen.

Wahlorganisation, Kandidatennominierung und Wahlkampffinanzierung (S.159-170)
Direktbewerber kann jeder ungarische Staatsbürger werden, der mindestens 500 wahlberechtigte Bürger des jeweiligen Wahlkreises durch Unterschrift in amtlichen Empfehlungslisten nachweisen kann. Im Wahlkreis muss er nicht wohnen, nicht einmal in Ungarn. Allerdings muss er sich ins Zentralregister ungarischer Staatsangehöriger eintragen lassen. Bewerben kann man sich als unabhängiger oder als ein von einer Partei oder Listenverbindung aufgestellter Kandidat.

Landeslisten können von politischen Parteien oder von einer nationalen Minderheitenverwaltung aufgestellt werden. Dieses Recht hat eine Partei, wenn sie in mindestens 71 Wahlkreisen in mindestens 14 Komitaten sowie in Budapest Kandidaten nominiert hat.

Seit 2010 gibt es regelmäßig Debatten darüber, ob das tatsächlich freie und mit internationalen Normen im Einklang stehende Wahlrecht überhaupt noch demokratisch sei, wenn doch Fidesz jedes Mal stärker aus den Wahlen hergeht. Im umgekehrten Fall gäbe es diese Diskussionen nicht. Weil die Annahme in der EU vorherrscht, nur linksgrünwoke Siege sind demokratisch, konservative dagegen des Teufels. Dieser Satz stammt von mir, Werner Patzelt schreibt es nicht so.

Anders als in Deutschland gibt es in Ungarn die Möglichkeit landesweiter Referenden. Zu Referenden in Ungarn läßt sich dasselbe wie zu Referenden in anderen Staaten sagen. Meist geht um Sachpunkte, die als vorgeschoben gelten können. Tatsächlich geht es um die Beeinflussung der Landespolitik. Was legitim ist und kein ungarisches Phänomen.

Parteien
Werner Patzelt gibt einen guten Überblick über Ungarns Parteien in Geschichte und Gegenwart. Aktuelle und genaue Angaben über die jeweiligen Mitglieder sind nicht verfügbar. Das gilt für alle Parteien. Mit Ausnahme von Fidesz sind die Parteien nur schwach in der ungarischen Gesellschaft verankert. (S.171-176).

Profile ungarischer Parteien
Fidesz
strebt eine dauerhafte Konsolidierung Ungarns auf der Grundlage von Familie, Nation, Tradition und christlicher Kultur an. Die Wettbewerbsfähigkeit und die Attraktivität des Landes soll auf der Grundlage einer Gesellschaft, die von aktiver Arbeit alle erwachsenen Ungarn gesteigert werden.

Die Christlich-Demokratische Volkspartei KDNP geht aus auf die Förderung der ungarischen Nation, auf die Sicherung christlicher Moral und Werte, auf die europäische Völkerverständigung und auf ein freies Ungarn in Europa.

Fidesz und KDNP treten seit Langem in Listenverbindungen in Wahlen an.

Jobbik ist national, rechtskonservativ, nicht frei von rechtsextremen und antisemitischen Tönen. Was Jobbik und die linken ungarischen Parteien nicht hinderte 2022 gegen Fidesz gemeinsam anzutreten! In Deutschland lief sowas Anfang der 30er Jahre mit KPD und NSDAP.

Vor einigen Jahren begann Jobbik einen Kurs der Mäßigung. Daraufhin spaltete sich der rechte Jobbik-Flügel ab und gründete die Partei Bewegung Unsere Heimat MHM.

Die Ungarisch-Sozialistische Partei MSZP versteht sich als demokratisch-sozialistisch.

Die Demokratische Koalition DK ist eine linksliberale Abspaltung von der MSZP.

Politik kann anders LMP ist die grüne Partei.

Dialog für Ungarn PM steht für Umweltschutz, Nachhaltigkeit, Linksliberalismus und Feminismus.

Umfangreich und detailliert geht Werner Patzelt ab Seite 182 auf die Entwicklung des ungarischen Parteiensystems ein.

Das politische Entscheidungssystem
Die Abgeordneten sind rechtlich vom Wahlvolk unabhängig. Imperative Mandate gibt es nicht. Dennoch werden sie vom Wahlvolk kontrolliert in Veranstaltungen, in den Bürgerbüros, im Internet. Ungarns Wahlgeschichte zeigt die Wirksamkeit dieser Kontrolle deutlich. Nicht wenige politische Karrieren wurden durch das Wahlvolk beendet, etliche einst bedeutende Parteien sind verschwunden. Grund: Personen und Politik wurden den ausschlaggebenden Erwartungen der Wählerschaft nicht gerecht.

Ferner sollen manche Inkompatibilitätsregeln die Unabhängigkeit der Parlamentarier sichern. Dazu gehört, dass ein Abgeordneter nicht zugleich Bürgermeister sein kann. Auch darf er kein anderes öffentliches Amt bzw. keine bezahlte Tätigkeit in Wirtschaft und Gesellschaft ausüben, die anderen als wissenschaftlichen, künstlerischen oder publizistischen Zwecken dienst. Insbesondere darf er nicht als Rechtsbeistand für staatlich finanzierte bzw. besessene Unternehmen tätig werden. … Ferner muss jeder Abgeordnete jährlich eine im Internet öffentlich einsehbare Vermögenserklärung abgeben, die seine Besitztümer, Einkünfte und wirtschaftlichen Interessen offenlegt, desgleichen die des Ehepartners und von im Haushalt lebenden Kindern. Journalisten achten sorgsam auf diese Vermögenserklärungen und verfolgen, wie sich die Vermögensverhältnisse von Jahr zu Jahr ändern. (S.199/200).

Parlamentsstrukturen und -funktionen
Ungarn als nicht föderaler Staat besitzt keine zweite Kammer. Die Nationalversammlung beschließt die Gesetze, die ihrerseits selbstverständlich vor dem Verfassungsgericht beklagt werden können. Das Verfassungsgericht überprüft sämtliche Gesetzgebung hinsichtlich verfassungsgemäßer technischer Übereinstimmung. Die Überprüfung inhaltlicher und politischer Sachverhalte ist ausgeschlossen.

Das Parlament wird auf vier Jahre gewählt. Die Geschäftsordnung ist der deutschen nicht unähnlich, auf jeden Fall inmitten der demokratischen Regeln der westlichen Welt.

Das Zusammenwirken von Parlament, Fraktionen, Ausschüssen und Abgeordneten ist dem deutschen System vergleichbar. Minimale Unterschiede vermögen meine Einschätzung nicht zu verändern.

Die Nationalversammlung wählt den Ministerpräsidenten alle vier Jahre, das Staatsoberhaupt alle fünf Jahre, den Ombudsmann für die Grundrechte, den Generalstaatsanwalt, die Präsidenten des Nationalen Amtes für das Justizwesen und des Rechnungshofes, den Präsidenten und die Mitglieder der Nationalen Wahlkommission, der Nationalen Behörde für Medien und Kommunikation sowie des Medienrates, die Mitglieder des Aufsichtsrates der Ungarischen Nationalbank, den Präsidenten der Kurie (Oberster Gerichtshof), analog wie in Deutschland die Richter und den Präsidenten des Verfassungsgerichts.

Die Nationalversammlung kontrolliert die Regierung und weitere Institutionen, die dem Parlament rechenschaftspflichtig sind.

Das Parlament gewährleistet die ständige Kommunikation zwischen dem zentralen Entscheidungssystem in der Hauptstadt und allen Zweigen der Gesellschaft im ganzen Land. Das ist die Theorie. In der Praxis sieht manches, wie selbstverständlich auch in Deutschland, anders aus. In Ungarn erreichen linke, liberale und grüne Parteien eher die städtischen und intellektuellen Schichten, die Konservativen sind näher an den ländlichen und nicht-akademischen Kreisen dran. Sowohl die Opposition als auch die Regierungsmehrheit unterhalten ihnen ergebene Medien, was inzwischen auf eine ziemlich ausgeglichene Medien-Patt-Situation hinausläuft (S.220). „Insofern hält Ungarns politische Funktionselite die gespaltene Gesellschaft des Landes eben doch zusammen und macht – wie das in einer repräsentativen Demokratie auch zu sein hat, das Parlament zu einem zentralen Kommunikationsknoten im politischen System.“ (S.220).

Regierung
Ungarn unterscheidet sich hinsichtlich der Aufgabe einer demokratischen Regierung und der Struktur des Apparates nicht vom europäischen Standard. Der Ministerpräsident bestimmt die Richtlinien der Politik der Regierung, er leitet die Regierung und koordiniert sie. Alle Regierungsmitglieder sind gegenüber dem Parlament rechenschaftspflichtig, die Minister sind das dem Ministerpräsidenten gegenüber. Ich entdecke keinen Skandal.

Staatspräsident
Das Staatsoberhaupt wird vom Parlament gewählt und ist in seiner Amtsführung unvereinbar mit allen anderen staatlichen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Ämtern. Strafverfahren können gegen Staatspräsidenten erst nach seiner Amtszeit eingeleitet werden. Die Amtsenthebung kann während der Amtszeit von einem Fünftel der der Abgeordneten vorgeschlagen werden. Eine Zweidrittelmehrheit kann das Verfahren einleiten. Das Verfassungsgericht leitet den Vorgang und das Parlament entscheidet letztlich in geheimer Abstimmung.

Das Staatsoberhaupt verkörpert Ungarns Einheit der Nation und repräsentiert den ungarischen Staat. Die weiteren Aufgaben sind dem des deutschen Bundespräsidenten nicht unähnlich. Eine normale Demokratie.

Verfassung und Gerichtsbarkeit
Ungarns erste geschriebene Verfassung war 1949 eine faktisch aus dem russischen übersetzte Stalin-Verfassung von 1936. Zuvor hatte das Land eine historische Verfassung, die aus mehreren Gesetzen sowie aus Rechtsdoktrinen bestand, die in der Staatspraxis befolgt wurden. Die stalinsche Verfassung wurde im und nach dem Systemwechsel 1989 vielfach geändert und zivilisiert. Bis 2010 kam es 34 Verfassungsänderungen. Das Verfassungsgericht spielte dabei eine sehr aktive Roll. Verfassungsgereicht und Gesetzgeber orientierten sich dabei sehr oft an deutschen Regelungen. Die sam 14. März 2011 von der Regierung eingebrachte Verfassung, die in vielen Passagen mit dem bisherigen Verfassungstext übereinstimmt, entstand in einem konfrontativen Klima. Am 1. Januar 2012 trat das nunmehr Grundgesetz genannte Werk in Kraft. Die gültige ungarische Verfassung dürfte noch länger Zankapfel in der ungarischen Gesellschaft bleiben. Ich merke an, mit einer großen eigenen Mehrheit im Rücken hätte die jetzige Opposition das Stück genauso durchgezogen. Nur halt mit anderen Prämissen.

An dieser Stelle beende ich meine Beschreibung von Werner J. Patzelts beachtlichem Buch „Ungarn verstehen“. In den weiteren Kapiteln geht er sehr anschaulich auf Ungarns Politik und Orbans Land ein. Positives wie Negatives läßt er vor das geistige Auge rücken. Ein jeder möge ich seine eigene Meinung und nicht die des Rezensenten oder irgendwelcher Medien machen. Selber klug werden ist immer besser als betreut Klugwerden.

Meine Eingangsfrage zum Verfasser, zu welcher Gruppe „Bundis“ er in den 70ern wahrscheinlich gehört hätte, beantworte ich wie folgt. Werner J. Patzelt hätte 1978 ausgezeichnet zu den Bundis gehört, wie meine Freunde und ich sie in Balatonvöldvar menschlich angenehm kennenlernten. Das freut mich.

Eine Bemerkung zum Schluss:
Anders als die deutsche Transformationsregierung weiß die ungarische Regierung ihr Volk weitgehend zustimmend hinter sich. Die deutsche Regierung steht großen Teilen ihres Volkes konfrontativ gegenüber. Ministerpräsident Orban schaut auf den Souverän, die Bundesregierung tauschte den Souverän durch die von ihr bezahlten Wetterfrösche aus. Und die gehen nicht wählen.



Werner J. Patzelt „Ungarn verstehen / Geschichte Staat Politik, LMV 2023, 477 Seiten, ISBN 978-3-7844-3678-4