Magyar Nemzet: A háború még barátok közt is nehéz téma
Wir waren vor kurzem wieder einmal bei unseren Freunden in Ungarn. Es war wie immer sehr schön und das Essen schmeckte toll. In unseren Gesprächen lief es auch vertraut ab. Ob Politik,
Gesellschaft, Bildung, Erziehung, Grundwerte, wie immer waren wir dicht beieinander. Den Kulturkampf der EU gegen Ungarn und Polen befanden wir in unseren Gesprächen gleichermaßen dumm und der
europäischen Idee abträglich. An einem einzigen Punkt unserer großen Liste an Übereinstimmung stellten wir unterschiedliche Sichtweisen fest. Das war eine schmerzhafte Situation, die wir auf
zivilisierte Weise für den Moment retteten. Die Sicht auf den russischen Angriffskrieg im Nachbarland ist zwischen uns in diesen Tagen eine andere. Wir beschlossen, uns darin einig zu sein, dass
wir uns an einem Punkt nicht einig sind. Unsere Freundschaft wollen wir nicht mit einem Disput belasten, zu dessen Lösung wir ohnehin keine Chance haben.
Ich nehme das Erlebnis zum Anlass, meine Sicht auf die Situation darzulegen. 1989/90 sprach ich montags regelmäßig zu den hunderttausenden Demonstranten in Leipzig. Mein Ziel war die endgültige
Absicherung der frisch gewonnen Freiheit. Nur in der Deutschen Einheit und damit in der Mitgliedschaft in der NATO sah ich das gewährleistet. Ich wusste aus der Geschichte der Volksaufstände 1953
in der DDR und 1956 in Ungarn sowie im Niederschlagen des „Prager Frühlings“ 1968 in der CSSR, dass Moskau blutig wiederkommen wird, wenn es die Chance dazu hat. Zum Glück ließ Gorbatschow nicht
die Panzer auf uns los und hielt sich an seine „Sinatra-Doktrin“ von 1988. „Jedes Land sollte seinen Weg gehen dürfen“ sagte er damals. Wäre Putin sowjetischer Staatschef gewesen, wäre Leipzig
1989 im Blut erstickt worden und ich könnte das alles heute nicht schreiben, weil ich entweder im Gefängnis oder im Filtrationslager wäre oder nicht mehr leben würde. So wie es Putin drei
Jahrzehnte später für die Ukraine vorsieht. Viktor Orban sagte dazu in Berlin, ich war anwesend, die Ungarn haben ihren eigenen Selenskyj namens Imre Nagy.
Unsere Freunde sprachen neben vielen anderen Punkten die fehlende US-Hilfe 1956 für die Ungarn an. Das war eine fürchterliche Erfahrung. Ich glaube ähnlich dem Trauma von Trianon. Aber 1956
konnten die Amerikaner den Ungarn nicht helfen. Ungarn lag im sowjetischen Herrschaftsgebiet. 1989 hoffte ich auch nicht auf die militärische Hilfe der USA für unseren Volksaufstand. Das war
abwegig. Die Amerikaner bzw. die NATO können erst helfen, seit die Sowjetunion ihre Nachbarn nicht mehr unterdrücken kann. Genau deshalb wollte nicht nur ich junger Mann von Leipzig in die NATO,
sondern die Polen, die Balten, die Tschechen, die Slowaken, die Bulgaren, die Rumänen und auch die Ungarn. Aus denselben Gründen sind die Finnen auch dabei und werden die Schweden folgen. Die
Freiheit muss gesichert sein. Was auch für Ukraine gilt. 1991 stimmten 90,3 Prozent der Bevölkerung für die Souveränität. Selbst die Krim stimmte mit 54,19 Prozent für die Unabhängigkeit.
Russland akzeptierte das in vielen Verträgen. 1994 zwangen die USA die Ukraine zur Übergabe ihrer Atomwaffen an Russland. Im Gegenzug entwickelten sie mit Russland, Großbritannien und China das
„Budapester Memorandum“, welches die Unverletzlichkeit der Ukraine garantieren sollte. 2014 brach Putin das Abkommen und die anderen Garantiemächte USA, Großbritannien und China ließen das
geschehen. Die Ukraine war 1994 die drittstärkste Atommacht der Welt. Diese solcherart geschützte Ukraine hätte Putin ganz sicher nicht angegriffen.
Unsere Freunde sprachen auch die Nationalitätenpolitik in der Ukraine an. Gerade die Ungarn dort haben viel Grund zur Klage. Mir ist das selbstverständlich bekannt, doch sehe ich das als
grossrussisches/sowjetisches Erbe. Die Völker unter der Knute Moskaus machten viele Jahrhunderte schlimme Erfahrungen mit der Russifizierung. Die kannten das alle nicht anders und verhielten sich
oft ähnlich gegenüber anderen Völkern im Herrschaftsgebiet. Das entschuldigt gar nichts, erklärt aber einiges. Ich erinnere mich bei diesem Punkt an eine Abgeordnetenreise nach Ungarn 1997. Es
ging um den kommenden EU-Beitritt und speziell um die Situation der deutschen Minderheit in Ungarn. Damals hatten die Ungarn noch Nachholbedarf im Umgang mit nationalen Minderheiten. Die Idee des
Vorzugsmandats für Minderheiten wurde damals besprochen. Das alles gehörte zu den Voraussetzungen für den Beitritt zur EU. Heute ist Ungarn schon lange vorbildlich im Umgang mit seinen
Minderheiten. Die Ukraine muss sich in Beitrittsverhandlungen auch auf diesem Feld den europäischen Standards angleichen. Ohne vorbildliche Behandlung ihrer Minderheiten gibt es kein
Eintrittsticket. Definitiv! Doch zuerst muss die Ukraine ihren Abwehrkampf möglichst erfolgreich führen können. Das sehe ich so. Ich sehe auch, dass ich mich 1500 km von der Ukraine in Sicherheit
wiegen kann und die Ungarn den Krieg neben sich erleben müssen. Das zieht andere Sichtweisen nach sich. Das ist mir völlig klar. Vor diesem Hintergrund kann ich Kritikern der ungarischen Haltung
viel erklären. Die Ungarn wollen nicht in den Krieg gezogen werden und wollen nie wieder russische Truppen im Lande haben. Aber dasselbe wollen die Ukrainer auch nicht haben. Ich auch nicht. Mein
Tag der Befreiung ist nicht nur der 8. Mai 1945. Es ist der 31. August 1994. An
diesem Tag zogen die letzten russischen Soldaten aus Ostdeutschland ab.
Unsere Freunde sprachen auch über die ukrainischen Getreidelieferungen in die EU zu Lasten der einheimischen Getreideproduktion. Damit haben sie recht. Doch kann die Ukraine dafür nicht in
Verantwortung genommen werden. Es ist EU-Politik, genauer: die dumme Energiewendepolitik. In der EU werden immer mehr landwirtschaftliche Flächen stillegelegt oder für Wind- und Solarparks
zweckentfremdet. Hier ein interessanter Beitrag dazu: „Ukraine: Getreide für
Afrika? Nein, für China und Europa!“ Nur ein Bruchteil geht in die bedürftigen Länder. Das meiste nach China, EU, Türkei.
2024 wird in der Europäischen Union wieder gewählt. Die Chance, wieder eine vernünftigere Politik aus Brüssel zu erleben ist da.
Diesen Artikel musste ich mir vom Herzen schreiben. In meinen nächsten Kommentaren widme ich mich wieder den Themen, die seit Jahren das Verhältnis der EU zu Ungarn belasten.