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Darf man Bundestagsabgeordnete als Verfassungsfeind bezeichnen?

 

 

 

 

 Boris Blaha

 

Ein Bremer Gericht entschied jetzt: man darf. Doch der Reihe nach. Am 18.11.2020 fand im Bundestag die namentliche Abstimmung zum Dritten „Pandemie-Ermächtigungsgesetz“ statt. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits ausreichend Informationen frei verfügbar, um sich selbständig eine sachlich fundierte, eigene Meinung zu bilden. Die vier Bremer Bundestagsabgeordneten, die ungeachtet der tatsächlichen Lage mit ihrer Abstimmung erneut den Ausnahmezustand verlängert und damit die massivsten Grundrechtseinschränkungen der Nachkriegszeit ermöglicht hatten, erhielten tags darauf ein zweiseitiges Schreiben des Bremer Publizisten und Hannah Arendt Blog Betreibers Boris Blaha an ihre Abgeordnetenadresse, in dem er ihr verantwortungsloses Tun mit Verweis auf die deutsche Geschichte scharf kritisierte und sie wegen der Auswirkungen ihrer Abstimmung als Verfassungsfeind bezeichnete.

 

Die drei weiblichen Abgeordneten (Grüne, CDU und SPD) nutzten statt dem politischen Meinungsaustausch das Strafrecht, stellten umgehend Strafanzeige und -antrag wegen Beleidigung. Gut anderthalb Jahre später wurde dem Publizisten ein Strafbefehl in Höhe von 75 Tagessätzen a 30,00 € zugestellt. Er beauftragte die Anwältin Jessica Hamed, die ihn bereits gegenüber dem Bundesgesundheitsminister in erster Instanz erfolgreich vertreten hatte, mit der Wahrnehmung seiner Interessen.

 

Die Anwältin beantragte Akteneinsicht, legte gegen den Strafbefehl Einspruch ein und beantragte die Einstellung. Es handele sich um ein Verfahren, das direkt bei der Staatsanwaltschaft mit einer Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO hätte enden müssen, weil die Äußerung offensichtlich erlaubt ist und „schulbuchmäßig einen Fall beschreibt, der gerade nicht justiziabel, sondern klar von der Meinungsfreiheit gedeckt“ sei. Die Bremer Staatsanwaltschaft lehnte die Einstellung des Verfahrens ab, es kam am 20.03.2023 zum Prozess, der mit einem Freispruch für den Publizisten endete.

Das Gericht schloss sich den Ausführungen der Anwältin an. Der Publizist äußerte dazu auf seiner Blogseite, so erfreulich das Urteil im Einzelfall sei, es bleibe Stückwerk, solange die deutsche Justiz fortwährend an der Herausforderung scheitere, ihre Tradition willfähriger Staatsdiener zu beenden und politisch als Rechtswahrung und gewaltenteiliges Machtkorrektiv erwachsen zu werden.

 

 

2023, Boris Blaha

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