20 Jahre lauteten die meisten westdeutschen Schlagzeilen „20 Prozent der Ostdeutschen wollen die Mauer wiederhaben!“. Wer immer nachgerechnet hätte, wäre auf 80 Prozent gekommen, die die Mauer nicht wiederhaben wollten. Was keine Schlagzeile gewesen wäre und dem westdeutsch linken Feuilleton nicht progressiv sprich nicht antikapitalistisch genug gewesen wäre. Das war die Rache der West-68er in Verbindung mit den SED/DDR-Reformern, die für die DDR statt der Einheit in der Sicherheit von NATO und EWG einen ominösen Dritten Weg zwischen Kapitalismus und Sozialismus andienen wollten.
Zum Glück entschieden sich die höchst ungern erwähnten 80 Prozent gegen die DDR-Reformierung und für die Chance auf dauerhafte Freiheit und Sicherheit.
Ein weiteres Glück war, dass sich ebenfalls 80 Prozent der Westdeutschen über Freiheit und Einheit freuten. Innerhalb dieser Zustimmungsraten gab es lediglich Disput über die Art der Wiedervereinigung. Die Stichworte waren GG 23 Beitritt oder GG 146 längere Verfassungsdiskussion. Die 80 Prozent ahnten, das historische Zeitfenster war klein und würde sich Moskau anders besinnen, käme Moskau blutig wie 1953 zurück.
Am 19. August 1991 wurde in Moskau geputscht. Hätte es zu dem Zeitpunkt noch die DDR gegeben, das Blutbad wäre dem auf dem Maidan 2014 nicht unähnlich geworden. Rational denkende Zeitgenossen
wussten das und um das Wort Glück in diesem Text ein letztes Mal zu strapazieren, zum Glück wollten 80 Prozent der Deutschen ein Jahr vorher die Einheit. Diese
Entscheidung brachte uns 25 relativ gute Jahre.
Es war die Ostdeutsche Merkel, in deren CDULinksGrünerRegentschaft es zu einem DDR-ähnlichen Konkubinat zwischen Exekutive und Medien kam. Welches noch nicht überwunden ist. Viel hängt von der Union und deren Lockerungsübungen ab. Doch die Tiger können nur Bettvorleger.
Was ist aber nun mit den „Ostdeutschen“ los, die ich nie als homogene Interessengemeinschaft empfand? Maximal ein Viertel rechnete ich den DDR-Treuen zu. Die PDS-Wahlergebnisse in Bund und
Ost-Ländern in den 90ern bestätigten das weitgehend.
Es bedurfte der PDS-Propaganda vom kohlonisierten Osten, der Mär einer vom Westen betriebenen Stasiunterlagenbehörde. Im PDS-Universum florierten die „Komitees für Gerechtigkeit“, die „Erfurter Erklärung“ politisch SED-lastiger Zeitgenossen 1997 und selbstredend die PDS-Salonfähigmachung seitens der SPD.
Heute ist die „Linke“ Mit-Regierungsnormalität in Deutschland mit den Ergebnissen einer starken AfD und einem Zensurgesetz, welches ich mir für die Bundesrepublik nie hätte vorstellen können.
Es waren die „aus-Protest-PDS-Wähler“, die mit der PDS auch das ideologische SED/MfS-Universum in die Parlamente wählten – mit dem Ergebnis eines öffentlichen Klimas, welches gern als DDR2.0 bezeichnet wird.
Richard Schröder schrieb 2018: „Meine zugegeben steile Gegenthese lautet: das Volk der Ostdeutschen ist erst nach der deutschen Vereinigung entstanden. Zuvor haben sich nämlich Ostdeutsche
entweder als Deutsche im geteilten Deutschland verstanden. Diese Haltung hielt am deutsch-deutschen Zusammengehören fest und war deshalb durchaus aufsässig oder gar subversiv. Die anderen
Ostdeutschen verstanden sich im Sinne der SED als sozialistische Internationalisten und teilten die zu Honeckers Zeiten erfundene Theorie von den zwei Nationen auf deutschem (!) Boden, einer
kapitalistischen und einer sozialistischen, die sich wie Feuer und Wasser (sprich ewig geteilt) gegenüber stehen … Wir stehen auf der Seite der Sieger der Geschichte und die Nazis sind im Westen.
Nazis sind demnach immer die anderen.“
Soweit zu den „Ostdeutschen“. Was aber ist mit den „Westdeutschen“? Die ohne eigenen Anteil ihre Freiheit und Demokratie bekamen?
Ohne viele Westdeutsche, die über Jahrzehnte postulierten „Die DDR und die Stasi wäre ihnen nie passiert“, hätte Frau Merkel ihre liederliche Beziehung zum Feuilleton nicht hinbekommen! In Deutschland wuchs in den letzten Jahren was zusammen, was Willy Brandt niemals so gemeint hat: Alt- und Neu-68er Psychose und die Denke des SED/MfS-Universums.
Wie formulierte es Erich Loest einmal:
„Ratzel: ‚Wir haben den Staat und die
Staatssicherheit abgegeben, denn die Stasi hat doch nichts mit der Partei zu tun. Wichtig ist, dass wir die Partei erhalten, das Parteivermögen retten und unsere Posten besetzen. Und wenn das
Schwein fett genug ist zum Schlachten, übernehmen wir wieder die Macht.‘“
Aktuell fragen sich Zeitgenossen, wieso sympathisieren so viele Ostdeutsche, die die sowjetische Besatzung noch kannten, mit Putin?
Was viele Ostdeutsche angeht, die ursprüngliche politische Zusammensetzung beschrieb ich oben. Hinzu kommt, die Russen verließen Ostdeutschland unerwartet freundlich und friedlich. Gorbatschow überdeckte den tiefen Eindruck einer sehr gewaltbereiten Besatzungsmacht.
Was Gorbatschow im Baltikum tat, interessierte die meisten Ostdeutschen genauso wenig wie die russischen Kriege in Tschetschenien, Georgien und seit 2014 in der Ukraine. Die Völker zwischen Deutschland und Russland zählen nicht viel – weder für Ost- noch für Westdeutsche.
Moskau und Russland sind der Nabel. Intuitiv trauen viele Putin wahrscheinlich auch den atomaren Erstschlag zu, wovor sie wahrscheinlich enorme Angst haben und deshalb vor Ukraine-Hilfen warnen.
Übrigens, es sind fast ausschließlich Westdeutsche, die ihre Energiewende mit Hilfe Russlands organisiert haben. Und: Linke und AfD sind gesamtdeutsche Putinisten. Wobei sich die
Spezialdemokratische Putinpartei Deutschlands (SPD) als Sahnestück herauszuschälen beginnt. Bundeskanzler Olaf Scholz sozusagen als FDJ-Gruppenratsvorsitzender von SPDLinkeAfD und
Ehrenvorsitzender Angela Merkel.