Für den 16. November 2019 plante die "Desiderius Erasmus Stiftung" eine Veranstaltung mit dem Thema "30 Jahre Friedliche Revolution - Das ungeliebte Wunder?" Ich wurde als Referent angefragt und
sagte zu. 1989/90 ff sprach ich immer mit allen Teilen der Zivilgesellschaft.
Die Veranstaltung wurde kurzfristig abgesagt. Leipzigs Stadtguerillera hatte ein deutliche Ansage an den
Betreiber des Veranstaltungsortes hinterlassen.
Hier meine geplante Rede:
Erasmus Stiftung November 2019 Leipzig Es gilt das gesprochene Wort!
Anrede
„Ich bin zwar anderer Meinung als Sie, aber ich würde mein Leben dafür geben, daß Sie Ihre Meinung frei aussprechen dürfen.“.
Soweit Beatrice Evelyn Hall, die diesen Satz Voltaire in ihrem Buch „The Friends Of Voltaire“ 1906 ebendiesem in den Mund legte.
Was sagte Voltaire aber nun tatsächlich?
Fündig wurde ich bei der Bloggerin Akatair. Ich zitiere:
"Le droit de dire et d’imprimer ce que nous pensons est le droit de tout homme libre, dont on ne saurait le priver sans exercer la tyrannie la plus odieuse. Ce privilège nous est ... essentiel
... ; et il serait déplaisant que ceux en qui réside la souveraineté ne pussent pas dire leur avis par écrit." Quelle : „Questions sur les miracles“
und auf Deutsch:
„Das Recht zu sagen und zu drucken, was wir denken, ist eines jeden freien Menschen Recht, welches man ihm nicht nehmen könnte, ohne die widerwärtigste Tyrannei auszuüben. Dieses Vorrecht
kommt uns von Grund auf zu; und es wäre abscheulich, dass jene, bei denen die Souveränität liegt, ihre Meinung nicht schriftlich sagen dürften.“
Soweit Voltaire und Hall, die meine Begründung für diese Rede bei ihnen liefern. Ich stehe zu Voltaire, auch ich habe Haltung.
Anrede, ich habe es mir gut überlegt, ob ich ihrer Bitte nach einer Rede nachkomme. Nicht wegen der vielen Blockwarte und den „Wir haben es ja bei Weißgerber schon immer gewusst“-Rufenden, die
meinen Vortrag ohne Kenntnis des Inhalts verreißen werden. Meine politischen Freunde und Weggefährten sind es, die jetzt weniger begeistert sein könnten.
Sehr geehrte Damen und Herren, Sie luden mit mir einen Ostdeutschen ein, der immer für die Deutsche Einheit in Freiheit war und dies ab Herbst 1989 (im Freundeskreis war das seit meiner Jugend
bekannt) auch öffentlich vertrat, der diese Einheit unbedingt unter dem Schutz der NATO und hier vor allem der US-Amerikaner vollziehen wollte, einer der seit Willy Brandts Berliner
Frontstadtzeit, Moshe Dayans Bestehen im „Sechs-Tage-Krieg“ 1967 und Helmut Schmidts Idee der „Doppelten Nulllösung“ im Herzen Sozialdemokrat war. Knapp dreißig Jahre war ich das auch mit
SPD-Parteibuch und seit Februar dieses Jahres bin ich es wieder ohne Parteibuch.
Zudem bin ich Transatlantiker, Befürworter der sozialen Marktwirtschaft und weiß, dass die Telefone für die Polen, Balten, Ukrainer, Weißrussen, Georgier nicht mehr in Moskau stehen. Was gute
Beziehungen auch zur militärischen Supermacht Rußland nicht ausschließt. Aber der Verfassung und der Gewaltenteilung der US-Amerikaner traue ich mehr als Putins Demokratur.
Sehr geehrte Damen und Herren, mit den SED-Nachfolgeparteien SED-PDS, PDS, WASG/Linke und „Die Linke“ wollte ich nie zusammenarbeiten, sah diese Zusammenarbeit auch immer als Zerstörung der
politischen Statik der Bundesrepublik. Doch persönlichen, menschlichen Kontakten mit einzelnen Vertretern dieser Partei ging ich nie aus dem Weg. Die politische Auseinandersetzung muss
anständigen Umgang miteinander implizieren.
Am Streit um Mehrheiten müssen alle von Bundesverfassungsgericht nicht verbotenen Parteien teilnehmen können, ein Zwang zur Zusammenarbeit entsteht damit nicht.
Gemäß dieser Linie bin ich heute bei ihnen. Sie sind nicht die Partei AfD, aber doch eine AfD-nahe Stiftung.
Ihre grundsätzliche Kritik an parteinahen Stiftungen teile ich übrigens nicht. In Ostblockzeiten sog ich jede Meldung über „Friedrich-Ebert-, Konrad-Adenauer-, Hanns-Seidel- oder
Friedrich-Naumann-Stiftung“ gierig in mich rein. Auch finde ich den bisherigen Usus in Ordnung, der diese Stiftungen nach mindestens zwei Legislaturperioden im Bundestag staatlich alimentiert.
Der Staat des Grundgesetzes muss ein Interesse daran haben, die Pluralität der Parteienlandschaft auch in deren Stiftungen abzusichern.
Ich kann ihnen diesbezüglich nur raten, sollte die AfD eine dritte Bundestagslegislatur erreichen, den Weg der „Rosa-Luxemburg-Stiftung“ zu gehen. Für den Haushaltsausschuß des Bundestages war
immer klar, im Falle einer dritten PDS-Legislatur würde deren Stiftung selbstverständlich zum Kreis der Zuwendungsempfänger aufschließen. Auch den Stiftungen war klar, sie würden den Kuchen
teilen müssen.
Da dieses Verfahren auch schon mit der „Heinrich-Böll-Stiftung“ der Grünen vollzogen wurde, wäre derselbe AfD-Vorstoß sicher bis Karlsruhe erfolgreich justitiabel. Nehmen Sie den Rechtsstaat auch
an dieser Stelle beim Wort. Der ist nicht ihr Gegner, der schützt ihre Tätigkeit. Jedenfalls solange Sie ihn nicht abschaffen wollen.
Zu ihnen zu kommen, ist nicht die leichteste Entscheidung. Ich beschrieb das bereits. Es fällt mir insofern leichter, als dass die Linkspartei tatsächlich eine Diktaturgeschichte besitzt, diese
verharmlost und doch gleichzeitig in Gestalt der „Kommunistischen Plattform“ unverblümt öffentlich präsentiert.
Bei allem Argwohn der AfD gegenüber, eine Diktaturgeschichte besitzt diese nicht und ob der „Flügel“ eine „Nationalsozialistische Plattform“ ist, das ist selbst für den Verfassungsschutz nicht
klar. Das macht die AfD nicht sympathischer, diesen Unterschied zur Linkspartei gibt es (noch?). Was „Kommunistische Plattform“ und den „Flügel“ angeht, in Punkto Sozialismus scheinen beide nicht
weit auseinander zu liegen.
Erhebliche Probleme habe ich sowohl mit „Die DDR neu erzählen“ seitens der Linkspartei als auch mit dem eigenartigen Wunsch nach Geschichtsumschreibung aus Teilen ihrer Partei. Auch muss die
„Wende“ nicht vollendet werden. Freiheit, Demokratie, Gewaltenteilung, soziale Markwirtschaft, das war der Sinn der „Friedlichen Revolution“. Was soll an diesen Grundpfeilern geändert werden?
Eine reine Umkehr der Verhältnisse von einer linken Diktatur zu einer rechten war auch nie die Forderung der Demonstranten 1989/90.
Allerdings befinden Sie sich mit dieser für mich abstrusen Forderung nach „Vollendung der Wende“ in guter Gesellschaft. 2009 überraschte Pfarrer Christian Führer das erstaunte Publikum mit einer
Forderung nach einer „Zweiten Phase der Friedlichen Revolution“. Wollte der gute Mann Freiheit oder Demokratie oder freie Wahlen oder Gewaltenteilung abschaffen? Der Republik erneut ein
ideologisches Attribut anheften? Ohne mich!
Wer in die Öffentlichkeit ruft, muss mit den Reaktionen der Öffentlichkeit leben können. Voltaire ist keine Einbahnstraße. Wenn Voltaire sagte, dass jeder seine Meinung öffentlich vertreten
können soll, so nahm er sicher auch für sich in Anspruch, sich mit konträren Meinungen ebenso öffentlich auseinandersetzen zu können.
Wenn also die AfD in Leipzig oder anderswo demonstrieren will, muss sie Gegendemonstrationen aushalten wollen und können. Was die Gegendemonstranten unterlassen sollten, ist die Behinderung von
Demonstrationen – die erste Stufe der Gewalt-Eskalation. Für die Ahndung von Gesetzesverstößen sind sowohl bei Demonstrationen als auch Gegendemonstrationen Polizei und Justiz zuständig. Einen
Anspruch auf Lynchjustiz kennt das deutsche Recht nicht.
Vor diesem Hintergrund muten ihre sehr notwendigen heutigen Sicherheitsregeln äußerst bedrückend an! Nie und nimmer hätten wir 1989/90 und danach Veranstaltungen politischer Konkurrenz so
erschwert oder bedroht. Das Leben eines Frank Magnitz‘, Gunnar Lindemanns oder dessen Sohnes ist genau so viel wert wie das Leben einer Claudia Roth oder eines Cem Özdemirs, eines Walter Lübcke
oder einer Angela Merkel!
Das Demonstrationsrecht erkämpften wir 1989 als erstes, ich für meinen Teil werde es immer verteidigen.
II
Zur Geschichte der Presse- und Meinungsfreiheit
(„Haus der Pressefreiheit Hamburg“
„Presse- und Meinungsfreiheit sind Begriffe der Aufklärung, die am Ende des Absolutismus an Gewicht gewinnen. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts werden diese Bürgerrechte erstmals in die modernen
Staatsverfassungen aufgenommen. …
In Englands Bill of Rights von 1689 wurden die freie Rede und der Meinungsaustausch ausschließlich für Parlamentarier garantiert. Aber 1695 erneuerte das Parlament den Licence Act nicht, damit
war de facto die Zensur abgeschafft und Pressefreiheit gewährt.
Am 2. Dezember 1766 verabschiedete der Schwedische Reichstag das weltweit erste Pressefreiheitsgesetz …
In den Vereinigten Staaten von Amerika fand der Gedanke von Pressefreiheit zuerst Eingang in die verschiedenen Verfassungswerke. Zunächst 1776 in Virginia, … und schließlich 1791 in der
Verfassung der Vereinigten Staaten. In der ursprünglich ratifizierten Constitution von 1787 war wenig über individuelle Bürgerrechte und gar nichts über Pressefreiheit zu lesen. Erst in später
beschlossenen Zusatzartikeln, hier im First Amendment von Dezember 1791, wurde eine gesetzliche Einschränkung von Meinungs-, Presse-, Religions- oder Versammlungsfreiheiten untersagt.
Da hatte die junge Französische Republik entschlossener gehandelt: In Artikel 11 ihrer … Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte – wurden die Meinungsfreiheit und deren Verbreitung unmissverständlich garantiert.
Durch Napoleon Bonaparte verbreitete sich die Forderung nach solchen Menschenrechten auch in Teilen Deutschlands – die wurde in einigen meist kleineren deutschen Staaten des Rheinbunds auch vorübergehend durchgesetzt. Nach den Befreiungskriegen allerdings kam es 1819 in den Karlsbader Beschlüssen, … zur Rückkehr von Zensur und Unterdrückung. …Napoleon wäre kein Kaiser gewesen, hätte er das alles nicht bald wieder kassiert.. (G.W.)
Durch die Märzrevolution von 1848 kam es im Deutschen Reich zu liberaleren Pressegesetzen – sehr schnell in der freien Stadt Frankfurt, wo das Paulskirchen-Parlament tagte. Aber auch das Haus Habsburg sah sich zu Zugeständnissen gezwungen, die dann 1849 in der Deutschen Reichsverfassung festgeschrieben wurden.
In Deutschland wurde das Rad dann später wieder zurückgedreht, nach der Reichsgründung von 1871 durch ein Gesetz über die Presse - diesem hatten Bundesrat und Reichstag untertänigst
zugestimmt.
...
Nach dem Ersten Weltkrieg verabschiedeten Deutschlands Demokraten die Weimarer Verfassung und mit ihr ein liberales Pressegesetz ohne Zensur.
Das aber wurde nach der NS-Machtergreifung schon 1933 durch das Schriftleitergesetz kassiert. …
Nach dem Zweiten Weltkrieg verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen im Dezember 1948 noch unter dem Schock der Kriegsgräuel eine Erklärung der Menschenrechte. Auch darin
wurden die Meinungsfreiheit und die Verbreitung von Meinungen über die Medien als Menschenrecht festgeschrieben.
Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland von 1949 werden Meinungs- und Pressefreiheit durch Artikel 5 garantiert.“
Die DDR machte es ganz anders. Die DDR-Verfassung kannte wörtlich keine Zensur, der Staat DDR zensierte und unterdrückte dessen ungeachtet brutal die Meinungs- und
Demonstrationsfreiheit.
„In der Realität konnte nicht einmal Briefpapier ohne Zustimmung der Behörden gedruckt werden.“ ((hhb)
Richard Schmid (1899-1986, SPD, zuletzt bis 1964 Präsident des Oberlandesgerichts Stuttgart in der „Zeit“ am 9. November 1962 “Meinungsfreiheit“:
„Der Wahrheit zuliebe
… Diese Bedeutung werden wir am besten aus den historischen Wurzeln des Rechts erkennen. Als die Idee der freien Meinung bewußt entstand und als
Menschenrecht begriffen wurde, war sie liberaler Natur; das heißt, sie war dem Individuum um seinetwillen zugedacht.
Für John Stuart Mill, den Philosophen des Liberalismus, ist es auch die Wahrheit, der zuliebe die Meinung frei sein muß, weil die Wahrheit aus dem Gegeneinander von Behauptung und Widerspruch
entsteht.
…
Meinungsfreiheit
Den Einwand, die Meinung des Einzelnen oder der Minderheit sei schädlich, widerlegt Mill mit dem einfachen Argument:
Daß die Meinung schädlich sei, sei auch nur eine Meinung.
Auch folgendes ist nicht weniger gescheit und richtig: "Aber der Hauptschaden, der durch das Verbot freier Erörterung entsteht, wird nicht in den Köpfen der Ketzer (heute sagt man
Nonkonformisten) angerichtet.
Der größte Schaden entsteht bei denen, die keine Ketzer sind und deren geistige Entwicklung sich verkrampft und deren Vernunft durch die Furcht vor Abweichung eingeschüchtert wird.
Wer kann ermessen, was die Welt verliert durch die Menge fähiger Geister, die zaghaften Herzens sind und es nicht wagen, einem kühnen, kraftvollen, unabhängigen Gedankenweg zu folgen," (On
liberty of thought and discussion, 1859)
…
In Amerika hat die "free-speech-Klausel… die Form, daß dem Gesetzgeber verboten wird, Gesetze zu machen, die die freie Rede einschränken.
…
Es ist ebenso schwierig, die Freiheit der Meinung zu gewähren, wie sie zu ergreifen. Da wir Deutsche immer noch demokratisch unterentwickelt sind, oder doch unterschiedlich entwickelt, haben wir
mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung noch Schwierigkeiten.
Wir neigen dazu, auf Meinungen, die nicht die unseren sind, böse zu werden und dem, der sie äußert, nicht unsere bessere Meinung entgegenzusetzen und auf deren Überzeugungskraft zu vertrauen,
sondern die Macht zur Unterdrückung auszuüben oder herbeizurufen. …
Nun hat allerdings die Freiheit der Meinungsäußerung auch ihren außerrechtlichen, gesellschaftlichen Aspekt; und die gesellschaftlichen Maßstäbe dafür, was erlaubt und was nicht erlaubt ist,
decken sich mit den restlichen Maßstäben nicht immer.
Sie decken sich um so weniger, je mehr der staatliche Zustand sich vom demokratischen Ideal entfernt. …
Sobald Macht und Geltung unsicher werden, wird die
Reaktion schärfer.
Zu einer Demokratie aber gehört, daß Macht und Geltung unsicher werden, weil die Macht vom Volke
ausgeht und von Wahlen und von der öffentlichen Meinung abhängt.
Erst in einer reifen, stabilen Demokratie, wo sich eine gewisse Tradition in den demokratischen Prozeduren und im Vorgang des Machtwechsels gebildet hat, wird sich das Recht der freien Meinung
wieder sicher entfalten können.
Soweit Richard
Schmid 1962.
III
Meinungsfreiheit 1989
Am 12. Dezember 1989 titelte die
"Leipziger Volkszeitung" über die "Montagsdemonstration“ vom Vorabend "Andersdenkende waren hautnah beieinander" und schrieb weiter "… Auch wenn die Redner teilweise durch Pfiffe und Buh-Rufe unterbrochen wurden, war die Bereitschaft zum Zuhören deutlich. …"
Als einer der damaligen Redner kann ich das nur bestätigen. Dreißig Jahre später liest
sich das wie aus einer fernen Welt.
Demonstrierten 1989/90 Montag für Montag für Freiheit und Einheit Hunderttausende entgegen des Uhrzeigersinns um den Leipziger Innenstadtring und liefen gleichzeitig mehrere hundert vorwiegend
junge Leute im Uhrzeigersinn innerhalb des Rings völlig gefahrlos dem Wunsch der tausendfachen Übermacht entgegen, so ist das heute alles nicht mehr möglich.
Die 1989 gewonnene Demonstrations- und Redefreiheit zerrinnt in täglichen Exzessen. Im Gegensatz zur DDR geschieht das nicht staatlich institutionalisiert, die Republik des Grundgesetzes schützt
die Meinungsfreiheit und das Demonstrationsrecht. Jeder Pegida-Demonstrant müsste das durch den Polizeischutz, den seine Demonstrationen regelmäßig erfahren, inzwischen erkannt haben. Was die
Gegner von Pegida nicht sehen und berichten wollen, ist die Gewaltlosigkeit dieser Dresdner Demonstrationen. Die passt einfach nicht ins gewünschte Bild. Ob mir Pegida nun passt oder nicht, das
ist anzuerkennen.
Es sind große Teile der Vierten Gewalt in Verbindung mit zur Selbstjustiz neigenden Blockwarten, die ein Gefühl der Ohnmacht aufkommen lassen. Es ist nicht so, dass über Gewalt nicht berichtet
wird. Es wird aber parteiisch, einseitig berichtet.
Wer dagegen die sog. Mainstream-Medien und die seriösen Blogs im Internet als eine Medienlandschaft annimmt, bekommt viele gute Informationen auf den Tisch. Es ist nicht so, dass die
Mainstream-Medien lügen und in den Blogs die Wahrheit allein zu Hause ist. In der Mitte liegt die Erkenntnis. Überall sind Menschen mit eigenen politischen Ansichten unterwegs. Denken müssen wir
schon selbst.
Ich bin auch für das Institut der Öffentlich-Rechtlichen Medien. Wir brauchen eine ausgewogene Grundversorgung. Die im Moment völlig aus dem Ruder läuft. Auch mir ist die
rund-um-die-Uhr-Berieselung zuwider. Adenauer wollte das ZDF als Regierungsfernsehen installieren. Was zum Glück damals verhindert wurde. 2019 habe auch ich das Gefühl, mit ARD und ZDF einem
Regierungsfernsehen ausgeliefert zu sein. Mit der Regierung Merkel haben große Teile der Medien endlich ihre eigene Regierung. Die ÖR-Medien bedürfen der Evaluierung, nicht der Abschaffung.
Viele Normalbürger gewinnen den abstoßenden Eindruck, dass sich große Teile der vierten Gewalt mit dem Teufel Linksradikalismus gegen den Teufel Rechtsradikalismus verbunden haben und alle
Meinungen, die nicht im sehr linken Biotop kursieren, generell als rechts und damit außerhalb der Gesellschaft verorten. Es wird ein riesiger Popanz mit noch mehr Steuergeld aufgeblasen, der
diese Gesellschaft spaltet. Und es war die SPD, die diese Spaltung ausgerechnet in Leipzig 2013 auf den Weg brachte. Vor sechs Jahren beschloss die SPD die „Kommunistische Plattform“ der
Linkspartei verschweigend, fürderhin einen konsequenten RotRotGrün-Weg zu gehen. Es folgte 2014 die Thüringer Linksaußenkoalition und geradezu schlüssig im September 2018 auf diesem Weg in eine
linke Republik der SPD-Ruf nach Einbindung der Antifa in den gemeinsamen politischen Kampf um die Republik. Ja, welche Republik denn? Die Republik, in der die Antifa ein Ministerium besaß, dass
war die Diktatur der Arbeiterklasse, die DDR.
Die meisten Demonstranten 1989/90 gingen aber für eine Demokratie ohne rechten oder linken Anstrich auf die Straße. Die linken Jakobiner schickten sie in die Wüste, die rechten Jakobiner wollten
sie dort auch verdorren lassen. Auch wollten sie, dass Justitia nach der Klassenjustiz der DDR-Zeit die Augen wieder verbunden werden. In den letzten Jahren gewann ich den Eindruck, an Justitias
Augenbinde wird gezerrt.
Seit längerem schwant mir, wären es damals umgekehrte Demonstrationszahlen auf dem Leipziger Ring gewesen, die in dem Fall an Zahl viel kleineren Freiheits- und Einheitsbefürworter hätten ihren
Marsch gegen den Anti-Freiheits- und Einheitswunsch der dann tausendfachen Überzahl nicht ohne größte Gefahr für Leib und Leben gehen können. Zum Glück waren wir damals Tausende Male mehr als
viele der damaligen Gegenläufer.
Noch etwas anderes war 1989/90 ff. undenkbar. Die SED als Partei der Diktatur war Hauptgegner, deren Demonstrationen und Aktivitäten wurden jedoch nicht behindert oder gar unmöglich gemacht. Auch
verprügelten die friedlichen Demonstranten keine SED-Mitglieder. Das mit dem Verprügelnwollen anderer kam erst später. Erinnern Sie sich an die Hannoveraner „Chaostage“ bis 1990? Die Szene muss
mit der Einheit nach Leipzig übergesiedelt sein.
Jan Fleischhauer schreibt am 9. November 2019 im Focus „Im linken Lager heißt es jetzt, man müsse AfD-Wähler ‚ausgrenzen, ächten, kleinhalten, ihnen das Leben schwer machen‘“. Auf diese Idee
können nur Leute kommen, die dort weitermachen wollen, wo 1989 SED und MfS aufhören mussten: Bei Gesinnungsterror und Hexenjagd gegen die eigene Bevölkerung. Wer nicht dafür ist, ist dagegen und
gehört ins Lager! Rechts ist, was nicht mit den Augen von Linksaußen auf die Welt blickt. Rechts ist dabei alles, was rechts des linken Randes über die Mitte bis zum Randbereich des
demokratischen rechten Spektrums reicht. Nie hätte ich gedacht, dass große Teile der Union diese Sicht übernehmen statt ihren Platz „rechts der Mitte“ zu verteidigen.
SED und MfS hatten am Ende mit dieser Sicht nahezu die gesamte Bevölkerung gegen sich aufgebracht. Unglaublich aber wohl doch wahr: Das Experiment wird im Moment ohne Stasi aber mit Hilfe der
Antifa wiederholt.
Was sich rächen wird. 2017 wählten im Osten 4 Millionen die AfD und im Westen waren es 6 Millionen. Die vereinigten Ächter, Kleinhalter und Lebens-Schwermacher scheinen sich die Steigerung dieser
Zahlen mit Hilfe des Realpolitik-Ersatzes „Gegen Rechts“ vorgenommen zu haben. AfD-Plansilvester für die Bundestagswahl 2021 war dieses Jahr in Sachsen, Brandenburg und Thüringen.
Wir ächteten die SEDPDSLinkswähler nicht Wir verstanden die zwar nicht, denen deshalb Gewalt antun? Wir wären in dem Fall doch nicht besser als die untergehende Diktatur gewesen. Und genau das
wollten wir nicht sein. Mit uns ging Voltaire. Die SEDPDSWähler wurden mit der Einheit Bundesbürger und somit Teilnehmer des politischen Wettbewerbs.
Es ging von uns aus immer ausschließlich gegen deren Partei und deren leninistischen Geist. Die einzelnen Mitglieder und Wähler hatten von uns außer Widerspruch nichts zu befürchten.
Für das Grundrecht auf Meinungs- und Demonstrationsfreiheit gingen Millionen Ostdeutsche auf die Straße. Niemand hat das Recht, dieses Grundrecht willkürlich einzuschränken!
Wer anderen dieses Grundrecht vorenthält, der wird es infolge selbst irgendwann verlieren. Weil er/sie das Fundament von Freiheit und Demokratie zerstört.
IV
Meinungsfreiheit 2019 – Der Durchmarsch von Rosa Luxemburg
Die Meinungsfreiheit ist in der Bundesrepublik seitens Teilen der Zivilgesellschaft unter tatkräftig-wohlmeinender staatlicher
Förderung schwer unter Druck. Nur existenziell Unabhängige können es sich leisten, in Widerspruch zum ökologischen Umbaudesaster der Volkswirtschaft, zur Klimahysterie, zur Destabilisierung der
Energiewirtschaft, zum Strangulieren der Automobilindustrie, zur Atomisierung der Gesellschaft mittels des Genderunfugs, zur fahrlässigen Zuwanderungs- und einäugigen Sicherheitspolitik zu
gehen.
Kritik wird zunehmend zur Majestätsbeleidigung und verbal zu „Hass“ disqualifiziert.
Mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz war es aus gerechnet ein Sozialdemokrat, der das Schnüffeln und Anzinken salonfähig machte. Der Verfassungsschutz bietet ein „Hinweistelefon“ für schnelles
Anzinken an. Cornelius Sulla (römischer Dictator von 82-79 v.u.Z.) und seine Proskriptionslisten lassen grüßen.
Die Freiheit der Wissenschaft ist ebenfalls schwer unter Druck. Was die gängigen Lehrmeinungen bestätigt, besitzen diese die größeren Chancen auf Förderung. Das Prinzip „These und Antithese“ hat
es in der Bundesrepublik zunehmend schwer.
Diskutieren im öffentlichen Raum oder gar in Universitäten? Zunehmend Fehlanzeige. Wie inzwischen selbst Christian Lindner und Thomas de Maiziere feststellen durften. Im Fall Bernd Luckes mögen
die beiden noch mitleidig gelächelt haben. Jetzt wissen sie es selbst, wie es ist.
Selbstverständlich kann alles gesagt werden, doch trauen können sich das inzwischen nur noch existenziell unabhängige Menschen. Der mittelalterliche Pranger feiert fröhliche Urstände. Wer nicht
dafür ist, ist dagegen! Gerade Ostdeutsche besitzen hier noch eine besondere Sensibilität.
!989 war es der Staat, der mit Terrormitteln Angst verbreitete und damit die Meinungsfreiheit unterdrückte. Als die Diktatur zusammenbrach, spürten die Menschen ihre plötzliche
Angstfreiheit.
2019 kann der Staat die Meinungsfreiheit oft nicht schützen, weil der Druck aus radikalen Teilen der Bevölkerung kommt. Ein Staat ist faßbar, Guerillera ist es nicht.
Rosa Luxemburg postulierte „Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden“ und meinte damit die Freiheit in der eigenen Blase. Viele Journalisten im Lande scheinen ihr Geschäft genauso zu
verstehen.
Der 1918 abgedankte sächsische König würde vermutlich sagen „Das hättsch emol nich gedacht“.
V
Meinungsfreiheit, Pluralismus in der EU
Ich nehme die Visegradstaaten und Polen. Gerade mit den Ungarn und ihrem wunderschönen Land verbindet mich unheimlich viel. Die meisten Ungarn
lieben die Idee des binnengrenzenlosen Europas in dessen Mitte ihr Land liegt. Nichts wollen sie mehr als dazu zu gehören – als Freie unter Freien. Nur wollen sie in der EU nicht
Befehlsempfänger, Zuwendungsempfänger sein. Geld für Botmäßigkeit, kein Geld für Unbotmäßigkeit. Das kennen die Ungarn, wenn auch viel brutaler, noch aus Zeiten, in denen sie eine Moskauer
Kolonie waren. Die Ungarn sagen „Ja“ zur EU und „Ja“ zu mehr Mitbestimmung und „Ja“ zu eigener Beweglichkeit. Wo bitte, ist daran „Europa-Feindlichkeit“ festzustellen? Das ist absurd.
Ich komme zu den Polen. Die verhalten sich angeblich nicht rechtsstaatlich. Nur weil sie das nachholen, was wir nach 1990 taten: Richter des Unrechtssystems, die sich schuldig machten, aus dem
Justizsystem herauszunehmen. Die Polen wollen das jetzt erst nachvollziehen, weil sie mit ihrem Runden Tisch 1989 viele Fehler machten.
Insgesamt nehme ich eine unausgewogene Haltung der EU zu den Staaten des ehemaligen Ostblocks wahr. Wird denen übelgenommen, dass sie nicht nur die Erfahrungen mit der Nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft, sondern auch die Erfahrungen unter den Kommunisten ernst nehmen?
VI
Betrachtung AfD
„Schau in den Spiegel der anderen, auch wenn er verzerrt!“ – so lautete eine Spaltenüberschrift in der „Budapester Rundschau. Sie haben mich eingeladen,
nun müssen Sie auch etwas aushalten. Die AfD ist natürlich nicht die verfolgte Unschuld. Das wissen Sie auch. Eher harmlos, wenn auch auf den Nerv gehend sind da noch die ständigen
„Merkel-muss-weg“-Chöre. Ich finde auch, dass diese Bundeskanzlerin großen Schaden anrichtet, doch muss das in freien Wahlen geklärt werden und nicht mit diesem Klamauk, der irgendwo auch Frau
Merkels Menschsein trifft. Auch sie ist nicht vogelfrei. Sprache und Gewalt sind schwierige Verwandte.
2017 war ich unangenehm berührt. Die Notwendigkeit der Stichworte Wehrmacht in Verbindung mit Stolz erschloss sich mir nicht. Der Gedanke an meinen 2013 verstorbenen Vater kam in mir hoch. Wie
hätte er, der fünf unendliche Jahre in sowjetischer Kriegsgefangenschaft bei sehr schwerer Arbeit zubringen musste, reagiert? Er hätte geschimpft, ihm wären richtig böse Worte eingefallen. Seine
Kriegsjahre waren furchtbar, die Umstände seiner Gefangennahme waren fürchterlich, seine Lagerzeit war hoffnungslos. Und doch sagte er uns Kindern immer „Die armen Schweine, die uns bewachen
mussten, die hatten noch viel weniger als wir zu fressen. Weil wir schwer arbeiten und die uns nur bewachen müssten“ Diese Sätze hatten sich meinem Bruder und mir tief eingebrannt. Unser Vater
machte nicht die „Russen“ für seine Lage verantwortlich. Es war dieser Scheiß-Hitler und sein Scheiß-Krieg! Und diesen Scheiß-Krieg begannen wir!
Unser Vater war zeitlebens Antikommunist und Antinationalsozialist. Also ein Demokrat. Er hasste das Sowjetsystem, die Menschen darin ließ er das nicht spüren. Unsere Eltern fuhren gern im Sommer
in ein Betriebsferienheim an die Ostsee. Zwischen Berlin und Trassenheide standen oft meines Vaters „arme Schweine“ in Gestalt von Sowjetsoldaten mit Motorrad an Straßenkreuzungen, die manchmal
tagelang ohne Verpflegung auf ihre Kolonnen warteten. Jedes Mal fuhren unsere Eltern in das nächste Dorf und kauften dort Brot, viel Brot. Sie brachten es den jungen Kerlen und bei der Übergabe
sagte unser Vater immer „Hier, chleb, Brot“ Aber bitte beim nächsten 1953 nicht auf uns schießen!“. Die Soldaten verstanden den Sinn der Worte sicher nie, aber dass sie von Deutschen Brot
erhielten, dafür waren sie dankbar. Ihre Vorgesetzten, für die immer Krieg war, waren dazu nicht in der Lage.
Es war glücklicherweise Gorbatschow, der 1989 die Panzer in den Kasernen stehen ließ. Mit Putin wäre uns das nicht passiert. Das mit der Freiheit und der Demokratie und der Deutschen
Einheit.
VII
Ausblick
Die Gesellschaft der Bundesrepublik ist derzeit in schwerem Fahrwasser. Zurück in die Zeit vor 1918 oder vor 1945 will sie mit Sicherheit nicht. Ich auf gar keinen Fall! Aber
ich will auch keine Bundesrepublik, in der sich Meinung nur erlauben kann, wer mit der offiziösen Meinung der Bundesregierung übereinstimmt oder wer so unabhängig ist, dass ihm keine
existenzielle Not droht.
Eine Gesellschaft, in der nicht offen diskutiert werden kann, die ist auch ohne die Machtinsignien einer Diktatur ohnmächtig. Eine Politikstrategie, die Kritik um der Verbesserung willen zum
„Entweder-Oder“ degradiert, ist kurzsichtig, dumm und verwerflich. Wer Kritik mit Hetze verwechselt, hat Meinungsfreiheit nicht verstanden. Und wer sich heute über raue Töne im Parlament
künstlich aufregt, sollte sich nicht rührselig an Adenauer, Schumacher, Strauß, Barzel, Brandt, Schmidt, Kohl, Schröder, Fischer erinnern. Die würden heute alle im Hass-Karzer einsitzen. Und ein
Jagdruf auf eine Regierung kam 1994 von den Grünen.
Sehr geehrte Damen und Herren, Sie beklagen oft zu recht, dass ihnen Meinungs- und Demonstrationsrecht seitens der Zivilgesellschaft vorenthalten und seitens vieler Medien das nicht kritisiert
wird. Ich hoffe, dass Sie heute und in Zukunft, individuell und als politisches Subjekt/Partei/Fraktion, alles das hochhalten und kraftvoll dafür eintreten, dass es ihrem politischen Widersacher
niemals so ergeht, wie sie es jetzt beklagen. Nur so lässt sich Vertrauen in eine politische Kraft im demokratischen Gemeinwesen aufbauen